“Vapen” – der Genuss von E-Zigaretten ist besonders bei Jugendlichen beliebt. Innerhalb von sieben Jahren hat der Konsum um fast 40 Prozent zugenommen.
Die Aussage im Jahresbericht 2023 von Philip Morris International ist klar: “Unsere Versuche, risikoreduzierte Produkte in bestehende und neue Produkte einzuführen, zu kommerzialisieren und weiterzuentwickeln, könnten scheitern. Märkte und Regulierungsbehörden können die Vermarktung dieser Produkte verbieten oder erheblich einschränken.”
Tatsächlich ist – noch – das Gegenteil der Fall: Der Konsum an vermeintlich “risikoreduzierten Produkten” in Deutschland steigt. Wie eine Erhebung der Universitätsklinik Düsseldorf zeigt, hat der Konsum von E-Zigaretten zwischen 2016 und 2023 um rund 38 Prozent zugenommen; der Anteil der Bevölkerung, der zur E-Zigarette greift, liegt aktuell bei 2,2 Prozent. Besonders beliebt sind Einweg-Modell, und eine besonders große Gruppe an Konsumenten sind Jugendliche und junge Erwachsene.
Sie fühlen sich besonders von den Aromen angesprochen. Die heißen Grape Candy, Apple Rain oder Mango Crush, was gesund klingt und gut schmeckt. Eine fatale Kombination. “Diese Aromen machen den Konsum angenehmer und wirken weniger intensiv als herkömmliche Zigaretten”, warnt Studienleiterin Stephanie Klosterhalfen. Die Uniklinik Düsseldorf hatte insgesamt mehr als 90.000 Menschen zum Thema Rauchen befragt und jetzt die Ergebnisse vorgelegt.
Durch Marketing und soziale Medien werde das so genannte Vaping als modern und weniger schädlich dargestellt, damit sei das Interesse von Jugendlichen geweckt, so Klosterhalfen weiter. “Der Glaube, dass Vapen weniger riskant ist, senkt die Hemmschwelle, während die geringere Geruchsintensität und Anonymität des Vapens den Konsum in sozialen Umgebungen erleichtern.”
Zwar ist der Kontakt mit bestimmten Schadstoffen im Vergleich zu herkömmlichen Zigaretten reduziert, trotzdem birgt auch der Konsum von E-Zigaretten Gesundheitsgefahren. Darüber sind sich Fachleute einig. So können sich beispielsweise die Atemwege entzünden und die Lungen geschädigt werden.
Die Inhalation von Aerosolen kann überdies die Lungenfunktion beeinträchtigen, insbesondere bei langjährigem Konsum. Auch könnten die durch E-Zigaretten erzeugten Partikel die Gefäßfunktion beeinträchtigen. Darüber hinaus steigert Nikotin die Herzfrequenz und den Blutdruck, was das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkte und Schlaganfälle erhöhen kann. Klosterhalfen betont außerdem: “Langzeitfolgen sind jedoch noch nicht vollständig erforscht, was das gesundheitliche Risiko ungewiss lässt.”
Was sicher ist: Auch E-Zigaretten können abhängig machen. Denn sie enthalten – in der Regel – Nikotin, also den Bestandteil, der schnell dazu führt, dass Menschen nicht mehr davon lassen können. Nikotin schädigt darüber hinaus die Gesundheit, die Entstehung etwa von Krebs oder eine Schwächung des Immunsystems wird laut Deutschem Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg als wahrscheinlich angesehen. Bei Jugendlichen kann Nikotin außerdem die Gehirnentwicklung beeinträchtigen.
Das Perfide ist: Zigarettenunternehmen wie Philip Morris werben gar nicht explizit fürs Vapen, die Strategie lautet vielmehr: Die, die jetzt schon rauchen und auch nicht damit aufhören wollen, sollen auf RRPs umsteigen. RRPs, so nennt der Konzern die Risk-Reduced Products, die risikoreduzierten Produkte. Dem erteilt das DKFZ eine klare Absage: “E-Zigaretten sind – im Gegensatz zur Nikotinersatztherapie – keine wirksamkeits- und sicherheitsgeprüften Medizinprodukte zur Tabakentwöhnung.”
Sprich: Wer mit dem Rauchen aufhören will, sollte nicht mit dem Vapen anfangen. Überhaupt stellt sich die Frage, ob die derzeitigen Dampfer ehemalige Raucher sind. Der Befragung der Uni Düsseldorf zufolge nicht unbedingt. Danach ist der Anteil der Raucher in den vergangenen Jahren in etwa gleich geblieben, die Vaper hingegen sind mehr geworden.
Gesundheitsökonomin Klosterhalfen fordert vor diesem Hintergrund strengere Regelungen für den Verkauf und die Werbung von Tabakprodukten: “Der steigende Konsum von verwandten Nikotinprodukten unter jungen Menschen erfordert dringend Maßnahmen zur Gesundheitsprävention.” Wie das geht, macht Großbritannien vor. Die Regierung hat sich eine komplett rauchfreie Generation zum Ziel gesetzt. Dafür soll das Mindestalter für den Kauf von Zigaretten schrittweise angehoben werden.
Der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, verweist beim Thema E-Zigaretten darauf, dass diese erst ab 18 Jahren erlaubt seien, in der Praxis diese Grenze aber nicht eingehalten wird. Hier sieht Blienert den Einzelhandel am Kiosk sowie den Onlinehandel in der Pflicht. “Jugendliche können sich im Netz meist ohne Authentifizierung als 18-jährig ausgeben”, betont Blienert. Hier bestehe dringender Handlungsbedarf.
Behörden vor Ort müssten zudem durchgreifen, wenn es um den Verkauf am Kiosk, Späti oder der Tankstelle geht. Blienert: “Der Verkauf von illegalen E-Zigaretten ist ein Riesengeschäft geworden. Da reicht es nicht, ein Bußgeld von ein paar Hundert Euro zu verhängen.”