Rotenburg/Wümme. Es wird einem schon schaurig zumute, wenn man zwischen fast 32.000 Kreuzen steht. Gräber deutscher Soldaten und Zivilisten, soweit das Auge reicht. Die Rede ist von der Kriegsgräberstätte Ysselsteyn in den Niederlanden. Die Deutsche Kriegsgräberfürsorge mit ihrer Jugendbildungsstätte kümmert sich darum. Viele Besuchergruppen kommen hierher – Schüler, Senioren, Interessierte, auch Soldaten.
So stand auch bei der Evangelischen Militärseelsorge am Standort Rotenburg/Wümme ein Besuch in Ysselsteyn auf dem Programm. Zusammen mit der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Soldaten (EAS) hatte sie Soldaten zu einer Rüstzeit in die Niederlande und nach Belgien eingeladen.
Ein ganzes Leben begraben
„Auf dem Gräberfeld lernen wir fürs Leben“, waren meine Worte im Angesicht der Grabstätte und weiter: „Unter jedem Grabstein liegt ein ganzes Leben begraben, genommen durch einen gewaltsamen Tod. Jeder Grabstein erzählt eine ganze Lebensgeschichte. Ein Leben, das verwoben war mit anderen Leben, Menschen und Schicksalen. In seinem Herzen wollte keiner sterben. Keiner wollte Krieg. Keiner wollte leiden – sondern einfach nur friedlich in Frieden leben! Doch es kam – mal wieder – anders. Wie so oft, wenn sich Menschen vom Bösen verleiten und leiten lassen. Wenn die dunkle Seite in uns Herz und Verstand vergiftet und überhand nimmt.“
Und doch: „Jeder will leben inmitten von Leben, das auch leben will.“ Mit diesem bedenkenswerten Ausspruch des Arztes und Theologen Albert Schweitzer schickte ich die mitgereisten Soldaten bei einer Andacht am Lagerfeuer in den Abend. Ysselsteyn steht als Symbol für die vielen zum Teil riesigen Kriegsgräberfriedhöfe auf der ganzen Welt. Kriegsgräberstätten mahnen zum Frieden. Die Militärseelsorge öffnet mir ihrer Arbeit den Blick dafür.
Kleine Spezialeinheit
Ein weiterer Höhepunkt der Rüstzeit war ein Besuch beim „Gräberdienst des Königlichen Niederländischen Heeres“. Die kleine Spezialeinheit, die aus vier Forensikern besteht, kümmert sich in ihrem Institut um die Identifizierung von internationalen Kriegstoten und um die Rückführung ihrer sterblichen Überreste in die jeweilige Heimat.
„Ich wusste gar nicht, dass es sowas gibt“, sagte eine Soldatin erstaunt. „Ja, wir sind stolz darauf und freuen uns immer, wenn wir den Tod einer in den Kriegszeiten vermissten Person aufklären konnten, und wenn wir nach so vielen Jahrzehnten die sterblichen Überreste an die Familie in der Heimat zurückgeben können“, erklärte der Leiter des forensischen Instituts, Hauptmann Geert Jonker.