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“Für viele die letzte Heiligabend-Feier”

Weihnachten mit Menschen in ihrer letzten Lebensphase ist für alle Beteiligte eine besondere Herausforderung. Eine Hospiz-Einrichtung könne einen Rahmen dafür bieten, sagt Linda Bulthaup, Mitglied des Direktoriums der Bethel-Stiftungen Sarepta und Nazareth, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Pflegepersonal und die Angehörigen bemühten sich, dass auch die Menschen im Hospiz eine weihnachtliche Atmosphäre erleben können.

epd: Worauf sollten Menschen achten, die mit einem Angehörigen im Hospiz Weihnachten feiern möchten?

Bulthaup: Beim Feiern des Weihnachtsfestes in einem Hospiz ist es wichtig, darauf zu achten, was der Mensch verkraften kann und was es ihm wert ist. Bei den meisten Menschen im Hospiz muss man davon ausgehen, dass das ihr letzter Heiliger Abend ist. Viele Angehörige wünschen sich, diesen ganz besonders zu gestalten. Das führt aber zu so hohen Erwartungen, die sich häufig nicht erfüllen können.

epd: Was können die Angehörigen tun?

Bulthaup: Hier müssen die Angehörigen mit dem Hospiz-Gast zusammen klären, was leistbar ist und worüber sich der Mensch freuen würde. Oft ist es besser, Weihnachten eher in „kleinen Häppchen“ zu gestalten als im „ganz großen Wurf“.

Auch im Hospiz gilt, dass die Menschen sehr unterschiedlich sind: Die Altersspanne reicht von 30 Jahren bis über 90 Jahren. Die Menschen sind unterschiedlich beeinträchtigt durch Symptome wie Schmerzen, Luftnot, Übelkeit, extreme Schwäche. Da muss man genau schauen: Was kann dieser Mensch an weihnachtlicher Stimmung und Aktivität aushalten?

epd: Wie haben Sie sich im Hospiz darauf eingestellt?

Bulthaup: Wir haben gemerkt, wie selbst ein gemeinsames Kaffeetrinken mit den Angehörigen im Hospiz eine zu große körperliche Belastung werden kann. Manche haben sich schon eine Viertelstunde eher an den Tisch gesetzt. Wenn es zu kleinen Verzögerungen kam, haben die Kräfte dann schon nachgelassen. Sie wollten mit dabei sein, und haben dann mittendrin gemerkt, es geht nicht mehr.

Wir können im Hospiz nicht das familiäre Weihnachten ersetzen. Das Hospiz ist für die meisten Hospizgäste nicht ihr Zuhause, auch wenn man möglichst viele gewohnte Elemente aus dem Zuhause der Hospizgäste integriert. Als Einrichtung kann man trotzdem nur einen Rahmen bieten, in dem Weihnachten und die individuelle Stimmung dazu möglich ist.

epd: Wie kann so etwas in einem Hospiz aussehen?

Bulthaup: Wir haben an Heiligabend immer zu einer gemeinsamen Mahlzeit und zu einem Vorlesen der Weihnachtsgeschichte eingeladen. Weihnachten ist für die Menschen emotional eine besondere Herausforderung. Deshalb ist wichtig, dass ausreichend Personal vor Ort ist, um den einen oder anderen mit Gesprächen etwas auffangen zu können.

epd: Wie schaffen Sie eine weihnachtliche Atmosphäre für die Menschen?

Bulthaup: An Heiligabend ist in unserem Hospiz immer eine Klavierspielerin da, die mit einem Klavier auf Rollen auch für die Menschen Weihnachtslieder spielen konnte, die ihr Bett nicht verlassen konnten. Wir sind durch die Zimmer gegangen, haben jeden der Gäste ganz bewusst schöne Weihnachten gewünscht und versucht, etwas Weihnachtsstimmung in die Zimmer zu tragen. Auch kommt jedes Jahr immer der Posaunenchor direkt ins Haus. Eine sehr besondere Stimmung, wenn der Klang der vielen Posaunen durch ein kleines Haus schwingt. Abends gab es traditionell Kartoffelsalat und Würstchen.

Die meisten Hospizgäste waren damit schon stark ausgelastet. Dazu kommen dann noch die Besuche der Familien, die für sich vielleicht auch kleine Rituale in den Zimmern gestaltet haben und so ein bisschen familiäres, traditionelles Weihnachten möglich machen.