Irgendwie wissen alle, dass es die evangelische Jugendarbeit irgendwie schon braucht. Ist sie besonders innovativ, so schmückt man sich gern mit ihr. Vermittelt sie einen eher angestaubten Eindruck, so wird sie mit gut gemeinten Konzeptionsprozessen bedacht, verbunden mit der Erwartung, dass am Ende alles gut ist: Junge Menschen einen Zugang zur Kirche haben und im günstigsten Fall sogar sonntags um zehn in Erscheinung treten.
Zu guter Letzt fallen in Gesprächen mit verantwortlichen Multiplikatoren häufig Sätze wie „Als ich vor zwanzig Jahren noch in der Jugendarbeit war, hat das doch auch funktioniert.“ Das stimmt aber nicht, denn unsere Gesellschaft hat sich verändert! Im Zuge dessen konfrontieren uns die Kinder und Jugendlichen mit ihren ganz individuellen Erwartungen.
Den Blick klar nach
vorne gerichtet
Das Amt für Jugendarbeit der Evangelischen Kirche von Westfalen ( EKvW) stellt sich immer neu der Herausforderung, die gegenwärtigen Anforderungen für eine zukunftsfähige Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zu erkunden und für die Praxis bereitzustellen. In der Folge sind zwei Publikationen entstanden.
– Das Praxisbooklet „Vielfalt mit Profil: Jugend 2025 – Evangelische Kinder- und Jugendarbeit nach vorne denken“ hat das Ziel, den Verantwortlichen in und für die evangelische Jugendarbeit einen kompakten Einblick in die veränderten Rahmenbedingungen des Handlungsfeldes zu gewähren. Neben der Beschreibung der Zielgruppe, der Darstellung ihrer Vorlieben und Abneigungen sowie Skizzen ihrer Lebenswelten werden zentrale gesellschaftliche Veränderungen, wie beispielsweise Digitalisierung, Individualisierung, veränderte finanzielle Ressourcen thematisiert sowie die damit verbundenen Konsequenzen für die Jugendarbeit aufgezeigt und wird eine Auswahl an praxisorientierten Handlungsoptionen vorgestellt.
– Soeben erschienen ist die 288 Seiten umfassende Studie von Tobias Faix und Tobias Künkler „Generation Lobpreis und die Zukunft der Kirche“, Neukirchen 2018. Untersucht wurde hier im Auftrag des Amtes für Jugendarbeit, wie die in der Kirche engagierten Jugendlichen glauben und welche Rolle ihr Glauben im Alltag spielt. Sie geben bereitwillig Auskunft, wie sie Kirche wahrnehmen, was sie sich für Gottesdienstformen wünschen und wieso sie sich engagieren und welche Rahmenbedingungen sie hierfür benötigen.
Es versteht sich von selbst,dass nicht alle Jugendlichen dasselbe denken oder vollkommen identische Haltungen haben. Im Zuge dessen haben die Forschenden acht Typen erkannt, die für jeweils eine Gruppe der Engagierten stehen. Neben (frommen) Höchstleistern, Ambivalenten, Erweckten und Unauffälligen gibt es auch die Ganzheitlichen, Erlebnisorientierten, Sozialpolitischen und Reservierten.
Allen gemeinsam ist die Tatsache, dass sie sich im Kontext der evangelischen Kinder und Jugendarbeit engagieren. Die evangelische Kirche ist demnach aufgefordert, den
Bedürfnissen einer hyperindividualistischen Jugendgeneration auf die Spur zu kommen, da sie – wie keine andere – die Zukunft der Kirche mitgestalten wird, wenn man sie denn lässt. Gerade mit Blick auf die sinkende Bedeutung traditioneller Gemeinschaftsformen erscheint es eine der zentralen Aufgaben zu sein, der permanent wachsenden Sehnsucht nach Gemeinschaft in realen sozialen Beziehungen wieder neu Rechnung zu tragen und hierbei Gestaltungsräume zu eröffnen.
Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse aus Theorie und Praxis muss man feststellen, dass Kirche ohne Jugendarbeit nicht funktionieren kann. Hierfür benötigt es aktuell und in Zukunft Orte, (Gestaltungs-)Räume, Fachkräfte und finanzielle Ressourcen. Sollten diese, aus welchen Gründen auch immer, sich weiterhin reduzieren, dann minimiert sich unsere Kirche auf einen „Club von Gleichgesinnten“. Innovative Kirche der Zukunft ist etwas anderes!
– Die Studie „Generation Lobpreis und die Zukunft der Kirche“, erschienen im Neukirchener Verlag, ist über den Buchhandel zu beziehen.
– Das Praxisbooklet „Vielfalt mit Profil: Jugend 2025 – Evangelische Kinder- und Jugendarbeit nach vorne denken“ ist ab dem 19. November über die Internetseite des Amtes für Jugendarbeit im Materialshop kostenfrei zu beziehen.
