Die Tage des Schmuddelwetters sind gezählt. Grün ersetzt grau. Viele Menschen freuen sich auf mehr Sonne und erste zarte Frühlingsblüten. „Wenn die Natur in die nächste Runde geht, ist auch der Mensch reif für einen Frühjahrsputz fürs Innenleben“, sagt Ute Haverkamp. Die Heilpraktikerin aus Hannover bietet seit vielen Jahren Kurse zum Thema „Psycho-Hygiene“ an. „Wir haben eine unterschiedliche Bereitschaft, uns unseren emotionalen Leichen im Keller zu stellen“, sagt sie: „Jetzt ist die Zeit mehr als nur günstig.“
Sonnenlicht macht glücklich
Wissenschaftlich gesehen ist der Fall klar: Mehr Sonnenlicht fördert im Körper die Produktion von Serotonin, sagt der Berliner Biopsychologe Peter Walschburger: „Das Glückshormon weckt unsere Lebensgeister.“ Haverkamp zufolge lässt sich dieser Effekt beispielsweise mit speziellen Atemtechniken oder dosierten Bewegungen verstärken. Damit entspanne sich der Körper und negative Emotionen würden vertrieben: „Sie werden weggeputzt.“
Auch das Putzen von Haus, Heim und Herd im Frühjahr sollte in seinem Ursprung positiven Einfluss auf die Psyche nehmen, wie die in Südafrika geborene Autorin Linda Thomas schreibt. Als Gründerin einer ökologischen Putzfirma hat sie sich intensiv mit dem Putzen und dessen Auswirkungen beschäftigt.
So gelte der gründliche Hausputz in Vorbereitung auf das jahrtausendealte persische „Nowruz“-Fest als symbolische Erinnerung, den Geist des Frühlings ernst zu nehmen und auch die Herzen und Köpfe zu befreien, erläutert Thomas. Das „Khouneh Tekouni“, wörtlich übersetzt das „Schütteln des Hauses“, sei laut Überlieferung der Zeitpunkt, „den angesammelten Groll und negative Gefühle loszulassen und das neue Jahr mit einer neuen Haltung und positiven Einstellung zu beginnen“.
Einen weiteren Ursprung des modernen Frühjahrsputzes hat die Expertin im jüdischen Glauben ausgemacht. In Vorbereitung auf das Pessach-Fest werde das Haus einer gründlichen Reinigung unterzogen. Dies geschehe im Gedenken der Befreiung des jüdischen Volkes aus der Sklaverei in Ägypten. Es stelle also ebenfalls eine symbolische Befreiung von einer dunklen Vergangenheit dar. Der christlich geprägte Teil der Welt schwinge traditionell in der Zeit vor Ostern Besen, Feudel und Staubtuch, schreibt Thomas. Der Opfertod und die Auferstehung Jesu stünden für Befreiung, Erweckung und Erlösung. In diesem Zusammenhang markiere der Frühjahrsputz einen Neuanfang. Ein Symbol, das in früheren Haushalten teils eine ganze Woche beansprucht habe. Heutzutage sei in einigen Kirchengemeinden der Frühjahrsputz fester Bestandteil der Karwoche.
Wer sich nicht sicher sei, wann die Zeit für den Frühjahrsputz reif ist, dem reiche ein Blick in den Kalender. „Der Februar wurde nach dem lateinischen ‚mensis februarius‘, dem Monat des Reinigens, benannt“, erklärt die Autorin. Die Urheber dieser Bezeichnung, die Römer, verstanden es, das Putzen gleichermaßen für Heim und Seele zu betreiben. Sie feierten zum Ende des Monats das Sühne- und Reinigungsfest Februa zu Ehren von Juno, der Göttin der Geburt, der Ehe und Fürsorge.
Für die heutige Zeit haben Ute Haverkamp und Linda Thomas für den praktischen und den seelischen Bereich eine Gemeinsamkeit ausgemacht: „Der große Hausputz ist trotz aller Emanzipation traditionell immer noch Frauensache“, schreibt Thomas. Diese Aussage lasse sich ohne Weiteres auch auf die psychische Ebene übertragen, ergänzt Haverkamp. In ihren Seminaren fänden sich nur wenige Männer: „Worte wie Putzen und Psyche sind für die wohl zu stark negativ besetzt.“