Vorrang für Diplomatie fordert ein Friedensforscher. Immer mehr Geld in Rüstung zu stecken, schaffe nicht mehr Sicherheit. Der Anstieg der Militärausgaben sei ein Warnsignal für ungesundes und gefährliches System.
Der Direktor des Friedensforschungsinstituts Sipri, Dan Smith, hat den Aufrüstungskurs Europas scharf kritisiert. “Wir reden zu viel über Investitionen in Waffen und zu wenig über Investitionen in Diplomatie. Diplomatie ist die erste Verteidigungslinie”, sagte der Chef des Stockholm International Peace Research Institute dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (Mittwoch). “Dieser starke Anstieg der Militärausgaben in Europa ist ein deutliches Warnsignal für ein ungesundes und gefährliches System, in dem wir leben”, so Smith. Steigende Militärausgaben würden dazu beitragen, die Unsicherheit aufrechtzuerhalten.
Der Sicherheitsforscher zeigte sich beunruhigt, dass der Schwerpunkt einzig und allein darauf liege, mehr Geld für das Militär auszugeben. “Wenn man viel Geld auf ein Problem wirft, löst man es dadurch nicht zwangsläufig. Die Verteidigungsausgaben sehr schnell zu erhöhen, birgt Gefahren wie Ineffizienz, Verschwendung und Korruption”, so Smith. Die Regierungen müssten sich mehr darauf konzentrieren, wofür sie das Geld ausgeben.
Smith unterstrich, dass die langfristigen Herausforderungen für die Sicherheit Europas nicht allein durch Trump und Putin verursacht würden. Er verwies darauf, dass die Aufmerksamkeit für die Konfliktbewältigung in Afrika oder auch für die sicherheitspolitischen Folgen des Klimawandels weniger geworden sei. “Ich bin ziemlich besorgt über die Tendenz, dass Politiker in einer Welt mit vielen Problemen nur an eine Sache denken können, und zwar die eigene Aufrüstung”, so der Sipri-Direktor.
Laut Sipri-Daten geben EU-Länder derzeit rund 400 Milliarden Euro für Panzer, Munition und andere Waffen aus. Bis 2030 sollen mit dem neuen Aufrüstungsprogramm der EU voraussichtlich weitere 800 Milliarden Euro dazu kommen. Das Niveau der Militärausgaben in Europa, aber auch das Niveau der Militärausgaben weltweit, ist laut Friedensforschungsinstitut höher als je zuvor.