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Freiheit – schön und anstrengend

Drei Kirchenkreise im Münsterland feierten gemeinsam mit Gottesdienst und Luther-Musical. Das Treffen wurde von einem tödlichem Unfall überschattet

Bertold Fernkorn

TECKLENBURG – Das Reformationsfest der drei Evangelischen Kirchenkreise Tecklenburg, Steinfurt-Coesfeld-Borken und Münster auf der Freilichtbühne Tecklenburg wurde von einem schweren Unfall überschattet. Ein Shuttle­bus, der die Gäste sicher zum Veranstaltungsort bringen sollte, verunglückte zwischen Ledde und Tecklenburg. Eine Frau starb, 21 Menschen wurden verletzt.
Die Nachricht von dem Unglück erreichte die Organisatoren während des Gottesdienstes zum Auftackt auf der Freilichtbühne. 2400 Gäste hatten den Weg nach Tecklenburg gefunden, um gemeinsam unter dem Motto „Einfach frei im Münsterland“ 500 Jahre Reformation zu feiern. Nach der Predigt von Eckart von Hirschhausen informierte der Superintendent des Kirchenkreises Tecklenburg, An­dré Ost, die Gottesdienstgemeinde über den Vorfall. Joachim Anicker, Superintendent des Kirchenkreises Steinfurt-Coesfeld-Borken, lud zu einem gemeinsamen Gebet für die Opfer und Angehörigen ein. Zusammen mit Assessor Uwe Völkel (Kirchenkreis Münster) besuchten die Superintendenten anschließend die Betroffenen in der Hauptschule in Tecklenburg, wo diese medizinisch versorgt und durch Notfallseelsorger betreut wurden, und fuhren zur Unfallstelle. „Wir sind sehr traurig“, so Ost auf der Pressekonferenz am Nachmittag. „Wir können jetzt nur das tun, was wir als Christen tun können: Die betroffenen Menschen Gott anbefehlen und denen Kraft wünschen, die ihnen helfen“, fügte Anicker hinzu.
Der Gottesdienst wurde vom Thema „Freiheit“ getragen. „Was verstehen wir heute darunter, wenn wir sagen, dass wir in Freiheit leben?“, leitete Superintendent André Ost ein. Und Assessor Uwe Völkel fügte hinzu „Freiheit gilt als etwas Erstrebenswertes, als ein hohes Gut. Freiheit ist aber auch zerbrechlich. Sie fordert unseren Einsatz. Wer frei ist, ist auch angreifbar. Freiheit kann auch anstrengend sein.“ Kabarettist und Moderator Eckart von Hirschhausen, der sich in diesem Jahr auch als Reformationsbotschafter engagiert, griff das Thema in seiner Predigt auf und fragte: „Was ist aus der befreienden Botschaft Jesu geworden, was bedeutet uns diese 500 Jahre später?“ Luthers Botschaft „Vertraue auf Gott. Du darfst selbstständig handeln. Du bist frei“, sei heute wie damals gültig. Der Mensch denke oft, so von Hirschhausen, er müsse etwas leisten, um Gott zu gefallen, doch „Gott können wir nicht bestechen. Er schuldet uns keinen Platz im Himmel“.
Der Kabarettist nutzte die Gelegenheit, um eine Woche vor der Bundestagswahl die Anwesenden aufzufordern, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen, denn Demokratie sei zwar manchmal „anstrengend und nervig“, aber immer noch die beste Staatsform, die wir in den letzten 1000 Jahren hatten. Musikalisch wurde der Gottesdienst von einem Projektchor aus dem gesamten Münsterland, einer Band mit Sängerin Leslie Jost und einem Bläserensemble begleitet. Die musikalische Gesamtleitung hatte Popkantor Hans Werner Scharnowski (Kirchenkreis Münster).
Das Kabarett Funke & Rüther wurde auf Grund der Ereignisse abgesagt, die Uraufführung des Musical-Oratoriums „Bruder Martin“ später am Nachmittag fand statt. Zuvor luden Uwe Völkel und Joachim Anicker zu einer Andacht ein. „Wir leben auf dünnem Eis – der Busunfall hat uns bewegt und erschüttert“, so Anicker. Uwe Völkel sprach in einem Moment der Stille ein Gebet für die Opfer und Angehörigen.
Trotz der Ereignisse hörten die Zuschauer eine gelungene Uraufführung des Musical-Oratoriums aus der Feder von Thomas Gabriel und Eugen Eckert. Die rund 300 Sängerinnen und Sänger, die in verschiedenen Chören im Westmünsterland aktiv sind, überbrachten mit Freude und Begeisterung die Botschaft des Stücks. Stimmgewaltig wurde, unterstützt von professionellen Sängerinnen und Sängern, in sieben Bildern die Reformation dargestellt und das Leben des Reformators Martin Luther nachgezeichnet. Sprecher Alfred Buß, Altpräses der Evangelische Kirche von Westfalen, leitete die Bilder ausdrucksstark ein. Kreiskantor Martin Ufermann dirigierte die Sänger und Musiker mit Energie und Leidenschaft. „Die Reformation war eine singende Bewegung“, so Ufermann. „Das Singen wurde zum Markenzeichen der Protestanten.“ UK