Die Lebenserwartung in Deutschland ist hoch – bei Frauen liegt sie bei 83 Jahren. Laut einer Studie machen sich viele die zu erwartende lange Lebensdauer aber nicht bewusst. Mit dramatischen Folgen für ihre Rente.
Einer neuen Studie zufolge unterschätzen Frauen ihre eigene Lebenserwartung, Männer überschätzen sie – und das hat Auswirkungen auf die jeweilige Altersvorsorge. Aus dieser Fehleinschätzung könne für Frauen ein niedriges Rentenniveau folgen und das Armutsrisiko könne sich erhöhen, heißt es in der am Mittwoch in Wiesbaden veröffentlichten Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB).
Demnach tendieren Männer im mittleren Alter zur Annahme, dass sie länger leben als es die statistische Lebenserwartung erwarten lässt – im Schnitt um 1,2 Jahre in der Altersgruppe der 40- bis 49-Jährigen. Frauen dieser Altersgruppe unterschätzen demnach ihre eigene, statistisch zu erwartende Lebensdauer durchschnittlich um 3,3 Jahre. Laut Berechnungen des Statistischen Bundesamts können heute in Deutschland geborene Mädchen auf eine durchschnittliche Lebensdauer von 83,3 Jahren hoffen; Jungen auf 78,6 Jahre.
“Während Männer häufig die Zeitspanne zu optimistisch ansetzen und ihre Lebensdauer überschätzen, unterschätzen Frauen die ihnen verbleibende Zeit”, sagte Studien-Autor Andreas Mergenthaler. Dies könne finanzielle Folgen haben: “Die Forschungsergebnisse zeigen, dass Personen, die ihre verbleibende Lebenszeit unterschätzen, tendenziell weniger in die Altersvorsorge investieren.”
Eine weitere Folge könne ein früher Renteneintritt mit hohen Abschlägen sein. Das daraus folgende niedrige Rentenniveau könne dann zum Problem werden, “wenn entgegen der Erwartung doch eine lange Zeit in Rente verlebt wird”. In diesem Fall könnten andere Rücklagen im höheren Alter schon aufgebraucht sein – und sich dadurch das Armutsrisiko erhöhen.
Da die Unterschätzung der Lebenserwartung gerade bei Frauen weit verbreitet sei, sei für sie die Gefahr gegeben, im hohen Alter finanziell nicht ausreichend abgesichert zu sein. “Diese Frage gewinnt angesichts des aktuell deutlich ansteigenden Anteils älterer Personen zusätzlich an gesellschaftlicher Relevanz”, sagte Mergenthaler.
Dass Frauen der mittleren Altersgruppe ihre eigene Lebensdauer durchschnittlich um 3,3 Jahre unterschätzen, sei sogar “eher konservativ” berechnet, so Mitautorin Anna Reuter. Denn man habe hinsichtlich der Sterblichkeitsentwicklung ein pessimistisches Szenario des Statistischen Bundesamtes verwendet. Im Vergleich zur optimistischen Annahme ergebe sich bei den 40- bis 49-jährigen Frauen sogar eine Unterschätzung der Lebenserwartung von durchschnittlich 5,0 Jahren.