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Foto-Ausstellung zu Flüchtlingstreck 1945 – einzigartige Aufnahmen

Die Flüchtlingstrecks am Ende des Zweiten Weltkriegs sind kaum fotografisch dokumentiert. Eine Ausnahme bildet ein Treck von Niederschlesien nach Sachsen-Anhalt – ein Berufsfotograf war unter den Flüchtlingen.

Im Januar 1945 flohen Millionen Deutsche vor der Roten Armee in Richtung Westen. Das Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung in Berlin zeigt dazu ab Freitag die Ausstellung “Der Treck – Fotografien einer Flucht 1945”. Zu sehen sind rund 140 Aufnahmen, die die fünf Wochen andauernde Flucht von 350 Menschen aus dem niederschlesischen Lübchen im heutigen Polen nach Sachsen-Anhalt dokumentieren. “Da das Fotografieren solcher Trecks seit 1941 verboten war und als Wehrkraft zersetzend galt, sind solche Bilder sehr rar. Kein anderer Treck wurde so ausführlich fotografisch begleitet”, erklärte Kurator Nils Köhler vor Journalisten am Donnerstag.

Die Bilder stammen von dem Berufsfotografen Hanns Tschira und seiner Assistentin Martha Maria Schmackeit, die selbst Flüchtlinge auf dem Treck waren. Tschira arbeitet auch für das NS-Propagandaministerium, hatte aber für diesen Treck keinen Auftrag. “Er lieferte der NS-Propaganda Bilder des schönen Scheins, wobei die ästhetisch komponierte Bildsprache auch schon sein Stil vor und auch nach dem Krieg war”, erläuterte Kuratorin Barbara Kurowska. Die Ausstellung lade zur kritischen Auseinandersetzung damit ein. Es gehe auch um die Frage, wie solche Bilder die kollektive Erinnerungskultur prägten.

“Die Treck-Bilder zeigen Menschen im Kampf mit den Naturgewalten, aber nicht all die vielen parallelen Trecks, die unterwegs waren, nicht die Kindergräber am Wegesrand, nicht die vorbeiziehenden Märsche von Kriegsgefangenen”, so Kurowska. Kaum gezeigt werden auch nicht die vielen während des Trecks durch Kälte, Hunger und mangelnde Hygiene Erkrankten, betroffen waren besonders die 120 Kinder. Teils wirke es verstörend, wie die Menschen am Anfang der Flucht lächelnd in die Kamera schauten. “Viele dachten, sie würden rasch zurückkehren.”

Ergänzt wird die Schau mit Bildern, des Fotografen Thomas Meyer, der im Auftrag des Dokumentationszentrums die historische Route des Trecks 80 Jahre später nochmals bereist hat. Er porträtierte auch die Bewohner des Dorfes, heute Lubow. Die Ausstellung ist bis zum 18. Januar zu sehen.