Die Missbrauchsvorwürfe gegen den ersten Essener Bischof Franz Hengsbach (1910-1991) sollen wissenschaftlich aufgearbeitet werden. Beauftragt worden seien das Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) in München und die Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (FZH), teilte das Ruhrbistum am Mittwoch in Essen mit. Mit-Auftraggeber seien das Erzbistum Paderborn, das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat, das Militärbischofsamt und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, in denen Hengsbach jeweils mehrere Jahre tätig war.
Im September 2023 hatte das Bistum Essen Beschuldigungen gegen den Kardinal öffentlich gemacht, sexualisierte Gewalt ausgeübt zu haben. Mittlerweile hätten sich noch weitere Betroffene an das Bistum gewandt, hieß es. Die Vorwürfe beziehen sich den Angaben zufolge sowohl auf Hengsbachs Amtszeit im Bistum Essen von 1958 bis 1990 als auch auf seine Zeit im Erzbistum Paderborn bis 1958. In der Studie beleuchtet werden sollten aber ebenso die Aktion Adveniat, deren erster Vorsitzender Kardinal Hengsbach von dessen Gründung 1961 an bis 1988 war, seine Tätigkeit als Militärbischof von 1961 bis 1978 sowie seine Rolle im Zentralkomitee der deutschen Katholiken in den Jahren 1947 bis 1968.
Details zu der geplanten Aufarbeitungsstudie wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der beteiligten Institute am 21. Oktober in einer Pressekonferenz vorstellen.
Der 1910 im sauerländischen Velmede geborene Hengsbach war seit Gründung des Ruhrbistums 1958 bis zu seinem Todesjahr 1991 der erste Bischof von Essen. Zuvor hatte er das Erzbischöfliche Seelsorgeamt in Paderborn geleitet und war dort Weihbischof. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe im vergangenen Jahr hatte das Ruhrbistum eine Statue von Hengsbach vor der Domkirche entfernt. Die Stadt Essen hatte den Kardinal-Hengsbach-Platz in Friedensplatz umbenannt.