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Forscher über Anspruchshaltung von Jungwählern: Staat soll es richten

Der Staat muss es richten. Diesen Anspruch haben Umfragen zufolge zahlreiche Jungwähler. Werden Erwartungen nicht erfüllt, entstehe bei ihnen schnell das Gefühl, dass der Staat gegen sie arbeite.

Nach Einschätzung des Psychologen Rüdiger Maas herrscht bei vielen jungen Wählern eine hohe Anspruchshaltung an den Staat vor. Diese gehe häufig mit dem Gefühl der eigenen Ohnmacht einher, sagte der Leiter des Instituts für Generationenforschung in Augsburg der “Süddeutschen Zeitung” (Donnerstag). Eine Ursache dafür sieht Haas in der heutigen Erziehung. Eltern nähmen ihren Kindern vieles ab und ließen ihnen damit weniger Handlungsspielräume.

“Da der Staat es eben nicht jedem recht machen kann, kommt das Gefühl auf, er arbeite gegen einen”, so Maas. Laut Umfragen meinen 40 Prozent der 16- bis 25-Jährigen, die Regierung arbeite gegen sie. “Bei denen, die AfD wählen, glauben das sogar 70 bis 80 Prozent”, sagte der Psychologe.

Anders als etwa bei den 68ern bleibe auch Zoff zwischen den Generationen aus. So würden Kinder und Jugendliche beispielsweise zu Demonstrationen der Bewegung “Fridays for Future” von ihren Eltern gefahren, die die Teilnahme ihrer Kinder an dem Protest unterstützten.

Auch sei das Thema Klima keines, das junge Menschen im Vorfeld der Bundestagswahl bewege, sagte Maas. Bei vielen befragten Ostdeutschen spiele das Thema Migration eine zentrale Rolle. Junge Menschen würden damit viel stärker in Berührung kommen als Ältere; in der Schule, im Freibad oder beim Weggehen abends, sagte Maas und ergänzte: “Mehr als die Hälfte der jungen Wähler geben an, dass Social Media ihre Hauptinformationsquelle für politische Information ist. Und dort sehen sie dann Videos von gewaltbereiten Migranten – ohne Quelle, ohne Einordnung – und bekommen das Gefühl, das passiere alles hier vor unserer Haustür.”

In Sozialen Medien spreche die AfD junge Wähler ganz anders an als andere Parteien: klar und auf Augenhöhe. “Die AfD und ihre Promoter suggerieren in Dauerschleifen, es könnte den Jugendlichen noch viel besser gehen, als es heute der Fall ist, mit den üblichen Schuldzuweisungen.”

Der Generationsforscher hat 1.500 junge Wähler zwischen 16 und 25 Jahren bundesweit befragt. Rund um die Landtagswahlen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen wurden zudem längere Interviews mit Hunderten Erstwählern geführt.