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Forscher: “Don’t kiff and drive” – Gefahr durch Cannabis am Steuer

Seit einem halben Jahr ist der Besitz und Konsum von Cannabis teilweise legal. Ein Toxikologe sieht den Umgang mit der Substanz am Steuer indes kritisch: Viele Menschen wüssten nicht um die größere Unfallgefahr.

Nicht nur Alkohol – auch Cannabis kann die Fahrtüchtigkeit massiv beeinträchtigen: Davor warnt der Toxikologe Frank Mußhoff. So könne Cannabis-Konsum die Konzentrationsfähigkeit, Reaktionszeiten und sogar die Bewegungsfähigkeit einschränken, sagte Mußhoff am Dienstag bei einer Online-Pressekonferenz. Er äußerte sich zum Jahreskongress der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, der am 10. Oktober in Berlin beginnt.

Auch die Tiefenwahrnehmung sowie die Lichtempfindlichkeit würden von Cannabis-Konsum beeinflusst, fügte der Forscher hinzu. Typisch seien etwa Unfälle in Kurven oder beim Linksabbiegen, weil Betroffene sowohl Geschwindigkeit als auch Entfernungen unzureichend einschätzen könnten. Auch gebe es Fälle, in denen Menschen behaupteten, am entgegenkommenden Fahrzeug sei das Fernlicht eingeschaltet gewesen – weil sie vom Abblendlicht stärker als üblich geblendet wurden.

Mußhoff, der auch Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Verkehrssicherheit ist, warnte vor einer Bagatellisierung von Cannabis im Straßenverkehr. Zuletzt war der Grenzwert für eine Ordnungswidrigkeit von 1 Nanogramm auf 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blut erhöht worden. Dies sei für einmaligen Konsum in Ordnung; wenn jemand dauerhaft kiffe, erhöhe sich die Cannabis-Konzentration im Blut jedoch kontinuierlich. Zudem könne dieselbe Dosis bei verschiedenen Personen ganz unterschiedliche Auswirkungen haben.

Es brauche daher das Bewusstsein: “Don’t kiff and drive”, sagte der Experte. Cannabis sei nach wie vor eine Droge, die oft müde mache oder betäube: “Das passt nicht mit einer sicheren Teilnahme am Straßenverkehr zusammen.” Wie der ADAC riet auch Mußhoff dazu, nach Cannabis-Konsum 24 Stunden lang nicht zu fahren, mindestens aber sechs bis acht Stunden. Wer sich an den Grenzwert von 3,5 Nanogramm “herankiffen” wolle, gehe “ein unheimliches Risiko” ein.

Beim Kongress geht es vor allem um Entwicklungen in der Augenheilkunde. Nach der Corona-Pandemie und angesichts von Kriegen brauche es auch in der Wissenschaft mehr Miteinander, sagte Kongresspräsident Gerd Auffarth. Hoffnung setzen die Fachleute beispielsweise auf smarte Kontaktlinsen, die Augentropfen und andere Medikamente nach Bedarf abgeben können. In den USA und in Israel sind entsprechende Linsen den Angaben zufolge bereits zugelassen worden.