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Film “Monster im Kopf” über eine schwangere Gefängnisinsassin

Schwanger im Knast – Das Drama “Monster im Kopf” setzt sich mit einer zielgerichteten doch gleichzeitig uneinsichtig aggressiven Protagonisten auseinander. Letztlich droht sie, an sich selbst zu scheitern.

Die Frau steht unter großer Anspannung, das fällt sofort auf. Der erste Blick wird zwar auf ihren Bauch gelenkt, der eine fortgeschrittene Schwangerschaft anzeigt. Doch der straffe Gang und vor allem das verkniffene Gesicht stechen nicht weniger hervor. Und dann ist da noch das für eine Schwangere ungewöhnliche Umfeld: Sandra Jacobi (Franziska Hartmann) ist eine Strafgefangene, die von einem Justizbeamten zur Untersuchung beim Gefängnisarzt begleitet wird und sich jede Tür auf dem Weg erst aufschließen lassen muss.

Die Ergebnisse der Routineuntersuchung scheinen an ihr abzuprallen, denn Sandra hat die Augen fest auf ein einziges Ziel gerichtet: eine Gefängniseinrichtung speziell für Mütter, wo sie sich selbst um ihr Baby kümmern kann. Doch ob sie dort einen Platz erhält, ist fraglich.

Regisseurin Christina Ebelt beginnt ihren Film “Monster im Kopf” mit der ungewöhnlichen Perspektive einer Schwangeren im Gefängnis, auf deren Tat, die zur Verurteilung geführt hat, zunächst nicht weiter eingegangen wird. Stattdessen setzt Ebelt die erste Rückblende ein, die Sandra ebenfalls als Schwangere zeigt, wenn auch in diesem Fall in einem früheren Stadium. Auch sonst sind einige Umstände anders: Sandra ist noch auf freiem Fuß und wird von ihrem Freund Miki zur Ärztin begleitet, wo sie die Nachricht erhalten, dass Komplikationen aufgetreten sind. Sie werde das Baby nicht zur Welt bringen, und aus medizinischer Sicht wird auch von weiteren Schwangerschaften abgeraten.

Der Schock trifft Sandra heftig, doch gelingt es ihrem Umfeld, sie vorerst aufzufangen. Ebelt skizziert Sandras Lebensumstände auf der Vergangenheitsebene des Films als nicht gerade rosig, aber als stabil. Ihre Arbeit in der Fleischfabrik führt sie zuverlässig aus, der gutmütige Automechaniker Miki ist als Partner eine Stütze. Sandras Mutter lebt zwar allein, benötigt aber Hilfe, wenn auch noch keine Rundum-Betreuung.

Harmonisch geht es allerdings nicht zu, denn Sandra verliert allzu leicht die Kontrolle. In ihrem hektischen Umgang mit der Mutter bleibt das noch auf gereizte Bemerkungen begrenzt, auch wenn sie vorher und nachher die Anspannung buchstäblich von sich abschütteln muss. Bei anderer Gelegenheit aber tickt Sandra regelrecht aus. Nach einem Autorennen, bei dem Mikis Arbeit am Wagen durch einen Fahrfehler zunichtegemacht wird, stürzt sie sich auf den Fahrer und tritt auf ihn ein, bis sie zurückgerissen wird. Das ist eindeutig nicht der erste Ausfall, den Sandra auch keinesfalls bereut, sondern der sie eher stolz auf ihre Kraft macht. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ihre Wut sich ein weiteres Mal Bahn bricht.

Sehr geschickt verzahnt die Inszenierung die beiden Zeitebenen so miteinander, dass sie gegenseitig eine beklemmende Spannung antreiben. Das Wissen um die frühere Komplikation beeinflusst den Blick auf Sandras erneute Schwangerschaft im Gefängnis; die vagen Informationen über ihre Straftat steigern bei jedem Rückblick die Erwartung der absehbaren Eskalation. Dass man nicht schon früh Genaueres erfährt, ist kein bemühter Drehbuchkniff, sondern glaubhaft in der Hauptfigur angelegt. Sandra ist ruppig und aggressiv, aber auch verschlossen und gibt Fehler nicht gerne zu. Dementsprechend liegt es nahe, dass sie sich über ihr Vergehen ausschweigt.

“Monster im Kopf” präsentiert keine Diagnosen, keine psychologische Erklärung auf das die Gewaltbereitschaft zurückzuführen wäre. Unzweifelhaft ist, dass das Problem in Sandras Charakter liegt. Das macht sie nicht zu einer Sympathieträgerin, dennoch zu einer komplex angelegten Figur, deren Schicksal nicht kaltlässt. Auch der Gewaltakt, auf den der Film zusteuert, hat Schockpotenzial, ohne plump zu wirken.

Entscheidenden Anteil daran hat die Hauptdarstellerin Franziska Hartmann. Die unwirsche, krawallige Art von Sandra Jacobi, die Gefahr, die sie potenziell für andere ist, setzt Hartmann überzeugend um. Zugleich verdeutlicht sie aber auch die Überforderung, den Schmerz und die Ziellosigkeit der Figur.

“Monster im Kopf” erzählt keine Läuterungsgeschichte. Die im Gefängnis ansetzende Gegenwartshandlung des Films läuft vielmehr auf einen Bruch von Sandras Selbstillusion heraus: Wenn die Figur eines definiert, so ist es der Glaube, mit Herausforderungen und Widerständen allein umgehen zu können. Angesichts der für sie gefährlichen Schwangerschaft werden ihr jedoch endgültig die eigenen Grenzen aufgezeigt.