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Expertin: Lebenserfahrung und positiver Blick helfen in Krisen

Die Corona-Pandemie hat die Gesellschaft grundlegend verändert – und zwar negativ, heißt es oft. Doch die große Mehrheit hat die Krise gut überstanden und ist anpassungsfähig. Einen Vorteil haben ältere Menschen.

Wer in Krisen einen positiven Blick auf die Dinge behält, kann Umbrüche und Veränderungen besser meistern. Diese Menschen seien während der Corona-Pandemie psychisch stabiler gewesen als jene, die nur noch das Negative sahen, so Isabella Helmreich, Leiterin des Bereichs Wissenstransfer am Mainzer Leibnitz-Institut für Resilienzforschung, im Interview mit der “FAZ” (Mittwoch).

“Während der Corona-Zeit haben wir zum Beispiel einen neuen Blick auf die Umwelt gewonnen, haben Homeoffice schätzen gelernt, mussten nicht so viel pendeln, haben die Digitalisierung vorangetrieben, die Nachbarschaft wurde gestärkt, man hat sich gegenseitig geholfen”, sagte die Expertin über das “Positive Reappraisal”, die positive Neubewertung.

Das sei der Mehrheit der Bevölkerungen vielen Untersuchungen zufolge auch gelungen: “Das gute Ergebnis ist, dass etwa zwei Drittel der befragten Menschen resilient geblieben sind.” Die Anpassungsfähigkeit von Menschen und Gesellschaft insgesamt sei beruhigend. Resilient zu sein bedeutet laut Helmreich, Fertigkeiten oder externe Ressourcen wie ein soziales Umfeld zu haben und zu nutzen, um nach einer Krise wieder in ein psychisches Gleichgewicht zu kommen.

Gleichzeitig müsse in Krisen auf jene geachtet werden, die besonders gestresst sind und eine hohe psychische Belastung haben. Das seien “jene Menschen, für die es immer schwieriger wird, mit herausfordernden Ereignissen umzugehen”, so die Expertin für Gesundheitsprävention.

Betroffen seien mitunter Schüler im Homeschooling gewesen, finanziell schlechter gestellte Familien, Menschen mit Migrationshintergrund, berufstätige Eltern und insbesondere Frauen, die zu Hause Kinderbetreuung und Arbeit verbinden mussten sowie auch psychisch und chronisch Kranke ohne Hilfssysteme.

Besser als zunächst angenommen seien ältere Menschen durch die Krise gekommen, obwohl sie durch das Virus besonders gefährdet waren. Wohl aufgrund ihrer Lebenserfahrung seien sie besser mit der ganzen Situation zurechtgekommen, so Helmreich. “Sie haben schon sogenannte Stressimpfungen bekommen, die sie vor großen Herausforderungen eher geschützt haben als die Jüngeren.”