Viele Menschen wünschen sich schnell ein größeres Klima- und Umweltbewusstsein in der Gesellschaft. Die Bremer Gesundheitspsychologin Viviane Scherenberg dämpft diese Erwartungen. Erst, wenn sich ein Viertel der Menschen vorbildlich verhalte, könnte eine Veränderungsdynamik entstehen, erklärte Scherenberg bei einem Themenabend der Gesellschaft für Nachhaltigkeit. Sie rechnet damit, dass noch 10 bis 30 Jahre “bis zum sozialen Kipppunkt” vergehen, bis eine breite Verhaltensänderung hin zu mehr Nachhaltigkeit entstehe. Scherenberg lehrt und forscht an der Appollon-Hochschule für Gesundheitswirtschaft in Bremen über Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung im Gesundheits- und Sozialwesen.
Damit sich in der Gesellschaft etwas ändere, seien gemeinschaftliches Engagement und Vorbilder wichtig. Die Wissenschaftlerin verweist auf die vielen, von Greta Thunberg inspirierten Menschen, die gegen den Klimawandel ankämpfen. Jeder könne so ein Vorbild werden. “Wenn ich sehe, andere machen das schon, dann ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass ich es auch mache”, sagte Scherenberg. Sie empfiehlt lokale Kampagnen, die das “Wir-Gefühl” ansprechen und zu kollektivem Handeln animieren.
Zugleich beobachtet Scherenberg große Diskrepanzen zwischen Wollen und Tun. Viele wollten zwar, dass es der Umwelt gut gehe, aber sie beschäftigten sich gar nicht mit ihr. So habe eine Studie ergeben, dass sich zwar 83 Prozent der Befragten über einen sorglosen Umgang vieler Menschen mit der Natur ärgerten. Zugleich hätten aber nur 40 Prozent von ihnen angegeben, sich mit der heimischen Tierwelt gut auszukennen.
Vor allem bei jungen Menschen sei das Naturwissen gesunken, beobachtet Scherenberg. Ältere Menschen verfügten indes noch über dieses “Zukunftswissen”. Deshalb sollten sie mehr einbezogen werden, um junge Menschen für nachhaltiges Handeln zu ermutigen. Ein gutes Vorbild sei die Initiative “Omas for future”, die sich für den Klimaschutz einsetzt.