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Experten fordern mehr Schutz für Betroffene von Menschenhandel

Welche Rechte und Hilfe gibt es für Opfer von Menschenhandel in Deutschland? Das hat das Deutsche Institut für Menschenrechte erstmals näher untersucht. Die Experten geben klare Empfehlungen für Verbesserungen ab.

Opfer von Menschenhandel sollten in Deutschland aus Sicht von Experten mehr Schutz und mehr Rechte erhalten. So brauche es flächendeckend Schutzunterkünfte für Betroffene, forderte das Deutsche Institut für Menschenrechte am Donnerstag in Berlin zum Europäischen Tag gegen Menschenhandel am Freitag. Nur acht Bundesländer finanzierten bisher solche speziellen Unterkünfte. Zudem sei Betroffenen unabhängig von ihrer Bereitschaft zur Kooperation in Strafverfahren ein Aufenthaltsrecht zu gewähren und sie sollten ohne Hürden Zugang zu Sozialleistungen haben. Das Institut legte erstmals einen “Monitor Menschenhandel in Deutschland” mit Empfehlungen vor.

Demnach identifizierten Ermittlungsbehörden von 2020 bis 2022 insgesamt 3.155 von Menschenhandel Betroffene, zwei Drittel davon waren Frauen. Fachberatungsstellen nahmen im selben Zeitraum 2.652 neue Fälle auf und arbeitsrechtliche Beratungsstellen zählten 1.052 Verdachtsfälle. Das Institut bemängelt, dass es bislang keine einheitliche Statistik gebe. Die Experten gehen daher von einer höheren Dunkelziffer aus.

Die häufigsten Ausbeutungsformen in Deutschland sind laut Bericht sexuelle Ausbeutung und Arbeitsausbeutung. Auf dem Bau, in der Landwirtschaft oder in der häuslichen Pflege müssen Betroffene etwa unter Zwang länger arbeiten, sie bekommen keinen oder kaum Lohn oder erfahren Gewalt. Ausbeutung durch Bettelei, das Begehen von Straftaten oder die Entnahme von Organen kommen ebenso vor wie Zwangsheirat, illegale Adoption und Leihmutterschaft. Betroffen seien Deutsche genauso wie Migranten.

Von 2020 bis 2022 wurden dem Bericht zufolge 2.021 Tatverdächtige ermittelt. Im gleichen Zeitraum wurden 509 Menschen verurteilt. Die Experten kritisieren, dass es zu viele Hürden gebe, um den Strafrechtsparagrafen zu Menschenhandel anzuwenden. Die Strafverfolgung müsse effektiver werden, fordert das Institut. Betroffene sollten zudem die Möglichkeit haben, sich an Ermittler zu wenden, ohne selbst mit einer Strafe rechnen zu müssen.

Weiterhin raten die Experten, dass Behördenmitarbeitende flächendeckend und regelmäßig zu Rechten von Betroffenen geschult werden sollten. Auch müsse ein langfristig finanziertes und flächendeckendes Beratungsangebot geschaffen werden. In Berlin wurde gerade die erste Beratungsstelle für Minderjährige, die von Menschenhandel betroffen sind, eröffnet. Auf Grundlage der Erfahrungen in der Hauptstadt sollten alle Länder die Einrichtung eines solchen Angebots prüfen, so die Experten.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist von der Bundesregierung damit betraut worden, die Umsetzung europäischer Regeln gegen Menschenhandel zu begleiten.