Artikel teilen:

Experte: Lernen von Nachhaltigkeit braucht Spiritualität

Helfen moralische Forderungen, um mehr Nachhaltigkeit einzuüben? Viel eher als den erhobenen Zeigefinger brauche es dafür Spiritualität, sagt Manfred Pirner. Das Thema müsse daher auch an Schulen Platz haben.

Nach Ansicht des Erlangener Religionspädagogen Manfred Pirner ist Spiritualität zentral, um die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen und so ein höheres Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu entwickeln. “Wir alle wissen, dass wir eigentlich eine andere Lebensweise, eine andere Art von Wirtschaft und Politik bräuchten, um die Öko-Krise wirklich bewältigen zu können – aber wir handeln nicht danach”, sagte Pirner in einem am Donnerstag veröffentlichten Gespräch der Universität Erlangen-Nürnberg.

Das liege auch daran, dass man nicht mehr zu den tieferen Fragen vordringe, die man auch als spirituell bezeichnen könne: “Was ist wirklich wichtig im Leben? Was macht gelingendes Leben aus? Wie prägt unser Verhältnis zur Natur unser Leben?” Spirituelle Traditionen vermittelten die Erfahrung, dass ein einfaches, verlangsamtes und dafür achtsames, naturnahes Leben mehr Erfüllung geben könne. “Solche Erfahrungen und Einsichten zu erschließen ist vielversprechender als die unablässigen moralischen Forderungen: Du solltest eigentlich weniger konsumieren, weniger Müll produzieren, weniger Autofahren und so weiter.”

Pirner berief sich auf Studien, die zeigten, dass Lebensweisen, die im Einklang mit der Natur stünden, oft auf spirituellen Glaubenstraditionen beruhten. Das gelte für die Traditionen der Ureinwohner in Australien, Afrika oder Amerika ebenso wie für die großen Weltreligionen.

Spiritualität sei dabei nicht nur religiös zu verstehen, betonte der Experte: “Es gibt auch religionsdistanzierte oder ganz säkulare Spiritualität. Gemeinsam sind diesen Spielarten von Spiritualität aber Fragen und Praktiken, die sich auf Grundfragen des Lebens richten. Auch säkulare Menschen können zum Beispiel durch Meditation ein tieferes Verständnis von sich selbst, ihrer Beziehung zu anderen Menschen und zur Natur gewinnen.”

Wichtig sei, dass die spirituellen Impulse zu politischem Handeln anregten, sagte Pirner. In der deutschen Geschichte habe man erlebt, wie Gebete und Demonstrationen zur Wiedervereinigung beigetragen hätten. Spiritualität solle daher auch in Lehrplänen, didaktischen Konzepte und dem Unterricht an Schulen ihren Platz haben.