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Ex-Parlamentssprecher ruft zu Klage gegen Israels Regierung auf

Eine Rebellion von innen: Ex-Knesset-Sprecher Burg ruft Jüdinnen und Juden auf, Israels Regierung in Den Haag anzuzeigen. Es gehe nicht nur um Verbrechen, sondern um die gesamte jüdische Identität.

Israels früherer Parlamentspräsident Avraham Burg hat Jüdinnen und Juden in aller Welt aufgerufen, Klage gegen Israel beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu führen. Sie solle lauten auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit “unter der falschen Flagge unserer jüdischen Identität”, heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Aufruf des linksgerichteten Politikers.

Burg wirft der Regierung vor, unter dem Deckmantel des Judentums Kriegsverbrechen zu begehen. “Ja, die Hamas hat schreckliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Aber nichts davon rechtfertigt die Taten, die Israel seither in Gaza begangen hat.” Namentlich nennt er vor allen die rechtsextremen Minister Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich, die er als “Bandenführer messianischer Milizen” bezeichnet. Und: “Gemeinsam, gleichzeitig von oben wie von unten, haben sie den israelischen Staat niedergerissen. Dieses Land existiert nicht mehr.”

Jeder Jude soll sich laut Burg nun fragen, ob er diesen Staat noch unterstützen könne. “Es gibt hier keine Mitte mehr – es darf sie nicht geben.” Die Regierung weiter zu unterstützen bedeute, sich mit “den zerstörerischen Kräften unserer Vergangenheit” gemein zu machen; einer “separatistischen und suprematistischen Kultur, in der nicht-Juden geschmäht und Juden ausgewählt und verherrlicht werden”, so Burg.

Um den Strafantrag in Den Haag einreichen zu können, braucht es nach seinen Worten die Unterstützung von einer Million Jüdinnen und Juden weltweit; das seien weniger als zehn Prozent der jüdischen Weltbevölkerung von rund 15 Millionen. Es gehe auch darum, der Welt zu zeigen, “dass es unter Juden solche gibt, die den schlimmsten Verbrechern der Welt gleichen; und jenen, die sich ihnen furchtlos und ohne Ansehen der Person entgegenstellen.”

Burg stand der Knesset, dem israelischen Parlament, von 1999 bis 2003 als Präsident (Sprecher) vor. Der Linkspolitiker zählt zu den vehementen Kritikern der israelischen Siedlungspolitik im Westjordanland. Er gehörte bis zu deren Auflösung der Arbeiterpartei Awoda an und gründete später die arabisch-jüdische Bewegung Kol Ezracheiha (All ihre Bürger) mit, die sich für eine Gleichberechtigung aller Volksgruppen einsetzt. Der 70-Jährige ist inzwischen vor allem als Autor tätig.