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Ex-Bürgermeister: Bei Bedrohungen nicht den Coolen spielen

Fälle von Gewalt und Anfeindungen gegen Kommunalpolitiker häufen sich. Markus Nierth hat es selbst erlebt. Oft werde übersehen, was das auch mit den Familien mache, sagt der Ex-Bürgermeister und gibt klare Empfehlungen.

Kommunalpolitiker sollten mit Bedrohungen wegen ihrer Arbeit offensiv umgehen, rät der frühere Bürgermeister von Tröglitz (Sachsen-Anhalt), Markus Nierth. Im Interview der “taz” (Donnerstag) empfiehlt er: “Erstens unbedingt die Bedrohung öffentlich zu machen, die Täter nach Möglichkeit zu benennen und auch die eigenen Emotionen, die Ängste, zu beschreiben und nicht den Coolen zu spielen.” In der medialen Aufregung werde oft übersehen, was die Bedrohungen und Übergriffe mit den Familien, Ehepartnern und Kindern der Betroffenen machten.

Nierth trat 2015 wegen rechtsextremistischer Anfeindungen von seinem Amt als parteiloser, ehrenamtlicher Ortsvorsteher zurück. In den vergangenen Tagen hatte der mittelsächsische Landrat Dirk Neubauer (parteilos) seinen Rücktritt erklärt. Er begründete dies mit einer persönlichen “diffusen Bedrohungslage”.

In einer repräsentativen Forsa-Umfrage vom April gaben 40 Prozent der Bürgermeister an, dass sie oder Personen aus ihrem Umfeld schon einmal wegen ihrer Tätigkeit beleidigt, bedroht oder tätlich angegriffen wurden. 28 Prozent erwogen aufgrund dessen schon einmal, sich aus der Politik zurückzuziehen.

Weiter riet Nierth: “Verbündete suchen und sich mit den zivilgesellschaftlichen Akteuren vor Ort vernetzen, um – hoffentlich – gemeinschaftlichen Schutz zu bekommen. Sonst wird man schnell furchtbar einsam mit all seinen Ängsten.” Möglichst breiter Widerstand nehme Rechtsextremisten die Illusion, “einen angeblichen Volkswillen auszuführen”.