Nach dem Ende des Assad-Regimes hat das syrische Volk eine historische Chance. Die Sicherung bürgerlicher Freiheitsrechte und die Einbeziehung aller gesellschaftlichen Gruppen sind aus Sicht der EU noch offene Aufgaben.
Ein Jahr nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad hat die EU zum Aufbau eines geeinten und demokratischen Syriens gemahnt und die Interimsregierung zur Zusammenarbeit ermutigt. Nur so könne die internationale Gemeinschaft den Übergangsprozess unterstützen, erklärten die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas und die Kommissarinnen für den Mittelmeerraum und humanitäre Hilfe, Dubravka Suica und Hadja Lahbib, am Montag in Brüssel.
Der Fall Assads am 8. Dezember 2024 habe dem syrischen Volk die “historische Chance” zu einem politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel gegeben. Das Land müsse nun die Selbstverpflichtungen und Kernpunkte der Verfassungserklärung umsetzen, hieß es unter Verweis auf das Dokument, das Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa im März unterzeichnet hatte. Es regelt eine fünfjährige Übergangsperiode und enthält das Bekenntnis zur Gewaltenteilung und zu Rechten von Frauen sowie Presse- und Meinungsfreiheit.
Die EU-Vertreterinnen verlangten weiter humanitären Zugang und Schutz für mehr als 16,5 Millionen Bedürftige innerhalb der syrischen Bevölkerung. Zudem äußerten sie sich “tief besorgt” über Episoden der Gewalt seit März in verschiedenen Teilen des Landes. Ohne nationalen Dialog, Versöhnung und eine Übergangsjustiz könne es weder Frieden noch Stabilität in Syrien geben.
Die staatlichen Institutionen müssten “sicherstellen, dass alle Syrer aller ethnischen und religiösen Hintergründe ohne Diskriminierung von den Behörden geschützt und vertreten werden und an der Gestaltung eines vereinten, inklusiven und demokratischen Syriens beteiligt sind”.
Ohne Israels Angriffe auf Ziele in Südsyrien beim Namen zu nennen, verurteilte die EU ausländische Militäraktionen und jegliche Versuche, Syriens Stabilität und die Perspektiven eines friedlichen Übergangs zu untergraben. In dem Zusammenhang verlangte die EU den Rückzug Israels vom besetzten Golan entsprechend der Resolution 497 des UN-Sicherheitsrats.