Valetta/Athen – Die EU-Staaten wollen die Migration übers Mittelmeer nach Europa deutlich eindämmen und dafür enger mit dem Krisenland Libyen zusammenarbeiten. Darauf einigten sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union auf einem Sondergipfel auf Malta. In einer Erklärung bekräftigten sie ihre Entschlossenheit, die Fluchtbewegung über die zentrale Mittelmeerroute zwischen Libyen und Italien zu reduzieren. Gegen Schleuser soll hart vorgegangen und der libysche Grenzschutz gestärkt werden. Allerdings ist unklar, wie weit die beschlossene Kooperation gehen soll.
Menschenrechtler übten scharfe Kritik an dem geplanten Flüchtlingspakt mit Libyen. „Der schändliche Deal, den die EU mit Libyen angepeilt hat, wird Zehntausende Menschen in einem von Konflikten zerrissenen Land einsperren, in dem sie ein hohes Risiko von Folter und Ausbeutung haben“, sagte die Brüsseler Direktorin von Amnesty International, Iverna McGowan. Europa zeige Flüchtlingen einmal mehr kaltherzig den Rücken. Laut „Brot für die Welt“ müssten Flüchtlinge das Recht haben, in einem sicheren Staat Asyl zu suchen. „Die EU darf diese Verantwortung nicht in ein Land wie Libyen, das definitiv kein sicherer Drittstaat ist, auslagern“, sagte die Präsidentin des evangelischen Hilfswerks, Cornelia Füllkrug-Weitzel.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte den EU-Plan. Migrationspartnerschaften und Kooperation mit den Anrainerstaaten müssten die Antwort auf die Flüchtlingskrise im Mittelmeer sein, sagte sie auf Malta. Zugleich räumte die Regierungschefin ein, dass die libysche Einheitsregierung unter Premier Fajes al Sarradsch derzeit nicht genug Stabilität habe und nicht das ganze Land kontrolliere. Eine politische Lösung sei nötig.
Im Fokus der EU-Maßnahmen gegen illegale Migration und Menschenschmuggel stehen der Erklärung von Malta zufolge das Training, die Ausrüstung und die Unterstützung der libyschen Küstenwache. Italien hatte bereits tags zuvor eine Kooperation mit Al Sarradsch beim Grenzschutz vereinbart.
Langfristig geht es der EU auch darum, bereits in die EU gelangte Menschen leichter nach Nordafrika zurückbringen zu können. Als Vorbild gilt der EU-Türkei-Pakt, wonach die Türkei alle Migranten und Flüchtlinge, die seit dem 20. März 2016 über das Meer auf irreguläre Weise auf die griechischen Inseln gelangten, wieder zurücknimmt, sofern diese in der EU kein Asyl erhalten.
Im Jahr 2016 kamen nach EU-Angaben rund 181 000 Menschen in Booten über das zentrale Mittelmeer nach Europa. 90 Prozent von ihnen legen demnach in Libyen ab. epdIUK
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EU-Libyen-Pakt als Bollwerk
Menschenrechtler kritisieren EU-Sondergipfel-Beschluss auf Malta