Die EU-Innenminister haben sich nach Angaben von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) grundsätzlich auf eine Krisenverordnung zur EU-Asylpolitik geeinigt. Nun müsse der Ausschuss der Ständigen Vertreter im Rat diese noch formal beschließen, erklärte die Ministerin am Donnerstagabend in Brüssel. Der Abschluss des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) sei für die Bundesregierung sehr wichtig. Nur dann werde es zu einer dauerhaften Entlastung kommen.
Die Krisenverordnung besage, so Faeser, dass Staaten, die unter besonders hohem Migrationsdruck stehen, die haftähnliche Unterbringung von Migranten verlängern und auch bei Personen aus Ländern mit hoher Anerkennungsquote strengere Regeln anwenden könnten. Polen und Ungarn hätten sich gegen die Verordnung ausgesprochen, fügte sie hinzu. Am Abend war allerdings auch noch unklar, ob Italien zustimmt und ob tatsächlich eine Mehrheit erreicht wird.
Künftig müsse jede und jeder Ankommende an den EU-Außengrenzen überprüft und registriert werden, hieß es weiter aus Regierungskreisen. Wer nur eine geringe Aussicht auf Schutz in der EU habe, solle an den Außengrenzen ein rechtsstaatliches Asylverfahren durchlaufen und bei einer Ablehnung direkt von dort zurückgeführt werden.
Wichtig sei auch, dass der Krisenmechanismus nur dann greife, wenn er im Rat mit einer qualifizierten Mehrheit beschlossen werde. Somit könne kein Land alleine für sich definieren, ob die Voraussetzungen erreicht seien.
Die Grünen hatten die Krisenverordnung kritisiert und wollten nicht zustimmen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte aber am Mittwoch nach Angaben aus Regierungskreisen erklärt, dass Deutschland die Verordnung nicht länger blockieren werde.
Wenn der formale Beschluss vorliegt, können die Verhandlungen über eine EU-Reform der Asylpolitik mit dem Europäischen Parlament fortgesetzt werden. Projekte, die bis zur nächsten Europawahl im Juni 2024 nicht mit den Regierungen der Mitgliedstaaten ausgehandelt sind, könnten anschließend wieder infrage gestellt werden und sich verzögern.
Von verschiedenen Verbänden kam Kritik an der Verständigung. Pro Asyl warf der Bundesregierung vor, vor rechten Hardlinern in der EU einzuknicken. Diese hätten erneut erfolgreich ihre Agenda durchgesetzt. Wer Forderungen von Rechtspopulisten übernehme, trage zur gesellschaftlichen Normalisierung rechter und rechtsextremer Positionen bei. Hierzu gehöre insbesondere die Infragestellung grundlegender Menschenrechte wie etwa des Rechts auf Asyl.
“Brot für die Welt” betonte, die Krisenverordnung hebele die ohnehin eingeschränkten Rechte von Asylsuchenden im Migrationspakt weiter aus. Sie drohe, einen permanenten Ausnahmezustand an den EU-Außengrenzen zu etablieren, in dem fundamentale Schutz- und Menschenrechte nicht mehr gelten sollten.