Nach zwei Jahren Debatten und Verhandlungen geben die Mitgliedstaaten grünes Licht für EU-weite Mindeststandards zum Schutz von Frauen und Mädchen. Manche hätten sich mehr gewünscht.
Der Schutz von Frauen vor Gewalt bekommt erstmals einheitliche Mindeststandards in der EU. Am Dienstag nahm der Rat der Europäischen Union die Richtlinie an, die unter anderem Zwangsheiraten, Genitalverstümmelung und die Weitergabe intimer Bilder im Internet als Straftaten einstuft. Auch Maßnahmen gegen Vergewaltigung und zum Schutz von Opfern häuslicher Gewalt werden eingeführt. Das EU-Parlament hatte dem Kompromisstext schon am 24. April zugestimmt. Die Mitgliedstaaten haben nun drei Jahre Zeit, die Regelungen in nationales Recht zu überführen.
Die Verbrechen, zu denen auch Cyberstalking, Cybermobbing und Aufstachelung zu Hass und Gewalt gegen Frauen im Internet zählen, sind künftig mit einem bis fünf Jahren Haft zu ahnden. Auch werden erschwerende Umstände festgesetzt, etwa wenn die Straftat an Minderjährigen, früheren oder aktuellen Partnerinnen oder Frauen in besonderen Positionen wie Journalistinnen oder Menschenrechtsaktivistinnen begangen wird.
Anders als von Kommission und Parlament vorgeschlagen, deckt der Text aufgrund des Widerstands aus Mitgliedsländern unter anderem aus Deutschland und Frankreich den Straftatbestand der Vergewaltigung jedoch nicht ab.
Damit hat das Prinzip “Ja heißt Ja”, das viele Frauenrechtlerinnen fordern, keine europaweite Gültigkeit. Das Prinzip gilt unter anderem in Schweden und Spanien: Frauen müssen Sex ausdrücklich zustimmen, damit er als einvernehmlich gilt. In Deutschland gilt seit einer Reform des Sexualstrafrechts 2016 dagegen das Prinzip “Nein heißt Nein”. Eine Vergewaltigung liegt danach dann vor, wenn Frauen den Sex deutlich ablehnen. Sie müssen sich seit der Reform aber nicht mehr unbedingt körperlich wehren, sondern können dies auch durch Worte oder Gesten zum Ausdruck bringen.