Erstmals trafen sich die Regierungsvertreter der EU in einem Land im Krieg. Bei der “historischen” Zusammenkunft erhielt die Ukraine Aussicht auf weitere Milliarden und Zusagen für Rüstungskooperation.
Die Außenminister der Europäischen Union sind am Montag zu einem informellen Treffen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew zusammengekommen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach anschließend von einem “historischen” Ereignis. Erstmals habe sich der Rat außerhalb der EU versammelt, in einem Beitrittskandidaten-Staat und in einem Land im Krieg. Borrell schlug den EU-Regierungen vor, im kommenden Jahr bis zu 5 Milliarden Euro für Kriegsgerät zur Verfügung zu stellen. Er kündigte eine engere Zusammenarbeit europäischer und ukrainischer Rüstungsfirmen an.
Mit den Gastgebern, Präsident Wolodymyr Selenskyj und Außenminister Dmytro Kuleba, habe man über Sicherheitszusagen der EU gesprochen und ihnen den Willen zu langfristiger Unterstützung bekundet. Das Außenministertreffen solle “als klares Bekenntnis der Europäischen Union zur Ukraine und zu ihrer dauerhaften Unterstützung in allen Dimensionen verstanden werden”, sagte Borrell. Diese Hilfe beziehe sich sowohl auf das Militärische wie auf einen “gerechten Frieden”, auf Rechenschaft von den russischen Aggressoren und auf den Weg der Ukraine zur EU-Mitgliedschaft.
Über die neue Finanzausstattung der sogenannten Friedensfazilität, mit der die EU Waffen und Munition finanzieren kann, erhofft Borrell nach eigenen Worten eine Einigung vor Jahresende. Es werde “noch mehr kommen”, sagte er. Außerdem nannte er als Ziel der EU, in den kommenden Monaten 40.000 ukrainische Soldaten zu trainieren, einschließlich einer Spezialausbildung für Kampfpiloten.
Neben Bemühungen um Cyberabwehr und eine “gemeinsame strategische Kommunikation” wolle die EU die Ukraine bei der Minenräumung stärker unterstützen. Dies sei “eine Grundvoraussetzung für die wirtschaftliche Erholung und den Wiederaufbau der Ukraine”, sagte Borrell.
Vor den gemeinsamen Gesprächen in Kiew hatte Borrell die Hafenstadt Odessa besucht und unter anderem die von russischen Raketen schwer beschädigte Verklärungskathedrale besichtigt. “Kirchen, Kulturerbe, Häfen anzugreifen, die Nahrung für hungernde Menschen auf der ganzen Welt exportieren – das sagt eine Menge über das wahre Gesicht der sogenannten ‘militärischen Sonderoperation’, die Putin gegen das ukrainische Volk führt”, sagte der 76 Jahre alte Chefdiplomat.
Russland setze Hunger und Energie als Waffen ein. Damit dehne Russland “seine Verbrechen über die ganze Welt aus, indem es auf die schwächsten Menschen in Afrika und Asien zielt und ihnen ihre Nahrung vorenthält. Das ist die Konsequenz dieser Seeblockade”, sagte Borrell.