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“Es gibt das Recht: Niemand darf diskriminiert werden”

Sieben kommunale Beratungsstellen für Betroffene von Diskriminierung gibt es in Bayern – alle in großen Städten. Damit auch Menschen auf dem Land und in Kleinstädten Beratung erhalten können, sind seit 2023 durch ein vom Bund gefördertes Projekt vier weitere Beratungsangebote entstanden, erzählt Nadja Kutscher. Sie ist die Projektleiterin eines dieser Angebote: „M.U.T. – Beratung gegen Diskriminierung“ in Mittel- und Unterfranken. Doch zum Ende des Jahres endet die Finanzierung des „respekt*land“-Projekts.

„Das Projekt war als Anschubfinanzierung gedacht, mit der Hoffnung, dass das Land diese Stellen oder zumindest ein gleichwertiges Format weiter fördert“, erklärt Kutscher. Doch das hat nicht funktioniert: Die Angebote werden ab 2026 vom Freistaat Bayern nicht weiter unterstützt. Bereits seit Oktober habe ihre Beratungsstelle keine neuen Fälle mehr annehmen können, weil sich Mitarbeitende wegbewerben mussten, sagt die Projektleiterin. „Wir haben drei Jahre lang Vertrauen bei den Menschen aufgebaut und müssen ihnen jetzt sagen, dass wir sie nicht mehr unterstützen können und es auch niemand anderen gibt, der das kann.“ Für die Betroffenen sei das eine große Enttäuschung und ein Vertrauensverlust, auch in die Politik.

In ihre Beratung kamen Menschen, die aus ganz unterschiedlichen Gründen Diskriminierung erfahren haben, erzählt Kutscher. Zum Beispiel wegen ihrer Herkunft, ihres Geschlechts oder Alters, aber auch wegen Armut. „Wir haben die Menschen dann zu den Möglichkeiten beraten, die sie haben.“ Das konnte juristisch sein, meistens sei es aber eine psychosoziale Begleitung gewesen, das Organisieren von Vermittlungsgesprächen oder das Schreiben von Beschwerdebriefen.

Wichtig sei den Menschen oft gewesen, dass sich nicht nur für sie, sondern für alle in der gleichen Situation etwas ändert. „Insgesamt bringt es den Betroffenen die Gewissheit, dass der Staat dafür sorgt, dass sie zu Ihrem Recht kommen, wenn sie das wollen. Denn es gibt dieses Recht, das sagt: Niemand darf diskriminiert werden“, so Kutscher. Wenn den Menschen aber niemand dabei helfe, das einzufordern, gehe auch Vertrauen in das System verloren.

Damit nach dem Ende des Projekts zumindest ein Akteur für die politische Lobbyarbeit übrig bleibt, haben die Trägerorganisationen zusammen mit den kommunalen Beratungsstellen eine Landesarbeitsgemeinschaft gegründet. Diese werde sich laut Kutscher auch weiterhin dafür einsetzen, dass eine flächendeckende Beratung finanziert wird. Am besten sei es, wenn eine Landesantidiskriminierungsstelle geschaffen werde, die die Arbeit vor Ort koordiniert. Solche oder ähnliche Angebote gebe es bereits in allen anderen Bundesländern, betonte die Beraterin. (3814/04.12.2025)