SCHWERTE – Eine grundlegende Änderung sieht Udo Bußmann, Landesjugendpfarrer der Evangelische Kirche von Westfalen, auf die evangelische Jugendarbeit zukommen. Auf einer bundesweiten Fachtagung in Haus Villigst bei Schwerte diskutierten rund 150 Gäste die Bedingungen, mit denen sich die kirchliche Jugendarbeit konfrontiert sieht.
„Die klassische Jugendarbeit mit Gruppenstunden funktioniert nicht mehr so, wie wir es kannten. Wir erleben, dass wir immer weniger Teilnehmende erreichen“, analysierte Professor Germo Zimmermann von der CVJM-Hochschule in Kassel.
Die Gründe dafür seien überwiegend im demographischen Wandel zu finden, in den knapper werdenden zeitlichen Freiräumen junger Menschen sowie der Tatsache, dass Evangelische Jugend ein Anbieter unter vielen ist und sich auch in direkter Konkurrenz befindet.
Welche Auswirkungen die Digitalisierung der Welt auf junge Menschen hat, die in ihr aufwachsen, erläuterte Christian Schuldt vom Zukunftsinstitut in Frankfurt. Momentan finde ein Wandel zu einer neuen Gesellschaftsform statt: zur Netzwerkgesellschaft. Neue Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten brächten den Wandel von starren Strukturen, einem Entweder-Oder, hin zu fließenden Systemen, einem Sowohl-als-Auch. Diese Transformation verändere junge Menschen.
Gleichzeitig sei festzustellen, dass die Leistungsbereitschaft junger Menschen höher sei denn je – allerdings unter klaren eigenen Vorstellungen: Junge Menschen erwarteten, dass sie mitgestalten, sich selbst verwirklichen und als selbstwirksam erleben können. Ich-Werte seien also hoch im Kurs, genauso aber Werte wie Gemeinschaft, Pflicht und Verbindlichkeit.
Die häufig beklagte politische Protestlosigkeit täusche, so Schuldt weiter. Jugendliche seien politischer denn je, allerdings gäbe es kaum noch etwas Grundlegendes zu erstreiten. Grundsätzlich habe die Jugend von morgen eine offene Haltung. Alles könne miteinander kombiniert werden, je nachdem, wie gut es in die eigene Lebenswelt passe.
Permanent online werden Jugendliche im Einklang mit dem digitalen Wandel leben und über einen hervorragenden Umgang mit Komplexität verfügen. Bei sinkenden Zahlen dieser Altersgruppe wird den Jugendlichen deshalb für die Weiterentwicklung der Gesellschaft, davon ist Schuldt überzeugt, eine höhere Relevanz zukommen als es jemals der Fall war.
Der Fachtag bot auch erste Impulse, wie dem Wandel angemessen begegnet werden könne, um als Evangelische Jugend und Kirche insgesamt auch zukünftig einladend für junge Menschen zu sein: Zukunftsfähig könne sich Kirche für Jugendliche erweisen, wenn sie vielfältige Angebotsformen vorhalte, als authentisch erlebt werde und mit flachen Hierarchien arbeite, so die Experten. Erhöhte Fachkompetenzen der Pädagogen, insbesondere eine digitale Expertise, um Jugendliche überzeugend zu erreichen sowie Möglichkeiten zur Weiterbildung für junge Menschen seien ebenso zukunftsweisend.
„Wir werden auch gebraucht als Partner, der Räume schafft, um sich mit der eigenen Religiosität auseinanderzusetzen“, resümierte Zimmermann. UK
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Es ändert sich was
Bundesweiter Fachtag des Amtes für Jugendarbeit der westfälischen Kirche thematisierte Herausforderungen für die zukünftige Arbeit mit jungen Menschen
