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Debatte in den USA um erste Hinrichtung mit Stickstoff

Die Geschichte der Todesstrafe in den USA ist eine Abfolge der Grausamkeiten. Nun ist eine äußerst umstrittene Hinrichtung durch Stickstoff geplant.

In Bloomington, Indiana, halten diese Menschen Mahnwache gegen die Todesstrafe (Archivbild)
In Bloomington, Indiana, halten diese Menschen Mahnwache gegen die Todesstrafe (Archivbild)Imago / ZUMA Wire

Zum ersten Mal überhaupt soll an diesem Donnerstag in den USA eine Person mit Stickstoffgas hingerichtet werden. Die von Menschenrechtlern scharf kritisierte Exekution durch Ersticken ist im Holman Gefängnis im republikanisch regierten US-Bundesstaat Alabama vorgesehen. Getötet werden soll Kenneth Eugene Smith (58). Er habe 1988 bei einem Auftragsmord zusammen mit einem Komplizen eine 45-jährige Frau namens Elizabeth Sennett erstochen.

Menschenrechtler sind entsetzt. Sumit Bhattacharyya, USA-Experte bei Amnesty International in Deutschland, hat die geplante Exekution verurteilt. Damit werde ein Experiment an einem Menschen durchgeführt. Amnesty bezeichnete den Tod durch Ersticken als besonders grausame Hinrichtungsmethode. Dabei wird der Verurteilte gezwungen, Stickstoff statt Sauerstoff einzuatmen.

Das Gas werde 15 Minuten fließen oder bis zu fünf Minuten

Die US-Plattform www.themarshallproject.org, ein Fachdienst für Justizangelegenheiten, hat das Hinrichtungsprotokoll von Alabama online gestellt, freilich mit vielen Textschwärzungen. Die Henker würden dem gefesselten Smith eine mit einem Stickstoffschlauch verbundene Gesichtsmaske über Mund und Nase ziehen.

 

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Ein geistlicher Berater darf im Hinrichtungsraum zugegen sein. Der Verurteilte darf ein letztes Wort sprechen, maximal zwei Minuten. Danach werde der Stickstofffluss eingeschaltet. Das Gas werde 15 Minuten fließen oder bis zu fünf Minuten, nachdem das EKG den Herzstillstand anzeigt. Ein Arzt werde den Todeszeitpunkt dokumentieren.

„Grausame und ungewöhnliche Strafe“

Smiths Anwälte wollen die Hinrichtung stoppen. Als „grausame und ungewöhnliche Strafe“ sei diese verfassungswidrig. Bei einer Anhörung am vergangenen Freitag habe sich ein Berufungsgericht mit der Tauglichkeit der angeblich fest sitzenden Maske befasst, berichtete der Informationsdienst Courthouse News.

Ein Richter wollte von Alabamas Chef-Jurist Edmund LaCour wissen, was das Hinrichtungsteam tun würde, sollte Smith sich bei der Prozedur übergeben müssen. Man werde die Maske abnehmen, wären die Atemwege blockiert, und eine neue aufziehen, entgegnete LaCour. Hinrichtung mit Stickstoff sei „die schmerzfreieste“ der bekannten Hinrichtungsmethoden.

Bei mehreren Hinrichtungen ist es zu Problemen bei der Vollstreckung gekommen

Über die Jahrzehnte haben Vollzugsbehörden Hinrichtungsmethoden geändert. 1982 wurde erstmals die Giftspritze eingesetzt. Diese sei angeblich humaner als der elektrische Stuhl. Gegenwärtig ist letale Injektion die bei weitem gebräuchlichste Methode. Allerdings haben manche Bundesstaaten Probleme beim Ankauf der tödlichen Mittel. Bei mehreren Hinrichtungen ist es in vergangenen Jahren zu Problemen bei der Vollstreckung gekommen.

Manche Henker hatten Schwierigkeiten, bei Verurteilten eine passende Vene zu finden. Kenneth Smith sollte bereits im November 2022 hingerichtet werden. Die Justizbehörde von Alabama stoppte den Prozess, nachdem die Wärter eine Stunde lang keine Vene finden konnten.

Oberstes Gericht der USA wird sich mit der Sache befassen

1996 wurde in den USA letztmals ein Verurteilter gehenkt. 1999 kam die Gaskammer letztmals zum Einsatz, und 2010 wurde letztmals ein Verurteilter erschossen. Die Hinrichtung in der Gaskammer von Arizona 1999 hatte in Deutschland zu Protesten geführt. Der wegen Raubmordes verurteilte Walter LaGrand war deutscher Staatsbürger.

Der Mord an Elizabeth Sennett hatte Ende der 80er Jahre in Alabama großes Aufsehen erregt. Auftraggeber war laut Urteil Sennetts Ehemann, ein örtlich bekannter Pastor. Er sei hoch verschuldet gewesen und habe die Lebensversicherung seiner Ehefrau kassieren wollen. Laut Medienberichten hat sich der Pastor das Leben genommen.

Smiths Berufungsversuche dauern an. Erwartungsgemäß wird sich letztendlich das Oberste Gericht der USA mit der Sache befassen. In den USA sind im Jahr 2023 nach Angaben des Todesstrafen-Informationszentrums 24 Menschen hingerichtet worden, alle per Injektion. 27 der 50 Bundesstaaten sehen die Todesstrafe bei besonders schlimmen Mordfällen vor.