Wenige Tage vor dem 35. Jahrestag des Mauerfalls gleicht die Fertigstellung des geplanten Freiheits- und Einheitsdenkmals in Berlin einem Trauerspiel. Seit Monaten tut sich auf der Baustelle vor dem Berliner Humboldt Forum – nichts. Der Denkmalsockel ist weitgehend fertiggestellt. Aber die begehbare, 50 Meter lange Stahlschale lässt auf sich warten. Grund sind Insolvenzverfahren beteiligter Firmen und Mehrkosten.
Der Direktor der Stiftung Berliner Mauer, Axel Klausmeier, ist dennoch zuversichtlich: „Wenn das im Sport ein 1.000-Meter-Lauf wäre, sind wir jetzt bei 800 Metern.“ Der bereits 2007 vom Bundestag beschlossene Bau des Einheitsdenkmals sei „so weit fortgeschritten, dass es irgendwann kommen wird“, sagte Klausmeier dem Evangelischen Pressedienst (epd). Allerdings sei dazu auch der politische Wille nötig, „das zu Ende zu bringen“.
Die kulturpolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag, Christiane Schenderlein (CDU), fordert deshalb von der Bundesregierung, sich in der „offenen Frage der Kostenübernahme“ zu positionieren: Ein Scheitern des 2020 begonnenen Bauvorhabens komme weder in Frage, noch dürfe dies politisch zugelassen werden. Trotz enormer Zeitverzögerungen und Kostensteigerungen „halten wir daran uneingeschränkt daran fest“, sagte sie dem epd.
In einem Bericht von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) an den Bundestagshaushaltsausschuss von Ende September werden die voraussichtlichen Gesamtausgaben des Bundes für das Projekt auf insgesamt knapp 17,8 Millionen Euro veranschlagt. Sollte der Bund sich weigern, die nun wegen der Schwierigkeiten beteiligter Baufirmen veranschlagten Mehrkosten von rund 3,7 Millionen Euro zu tragen, wären die bislang schon ausgegebenen 12,3 Millionen Euro verloren, erklärte Roth damals in dem Papier.
Die Bundesstiftung Aufarbeitung, die nach Überlegungen der Kulturstaatsministerin den Betrieb der Einheitswippe einmal übernehmen soll, geht davon aus, dass der Siegerentwurf für das Denkmal schließlich realisiert wird: „Der Sockel ist ja bereits gebaut“, sagte Stiftungsdirektorin Anna Kaminsky auf Anfrage: „Wir freuen uns auf die Einweihung und die Reaktionen der Besucherinnen und Besucher.“
Der SPD-Kulturpolitiker Helge Lindh sieht es ähnlich wie seine Bundestagskollegin in der Opposition: Es sei Aufgabe der Kulturstaatsministerin, „für die Fertigstellung des Denkmals zu sorgen“. Offensichtlich habe das Projekt dort „nicht ganz oben auf der Prioritätenliste“ gestanden. Die aktuellen Probleme wären vermeidbar gewesen. Es sei wichtig, „in der Bundeshauptstadt ein Denkmal zu haben, das an die Wiedervereinigung erinnert“, sagte Lindh auf Anfrage.
Unterstützung erhält Roth vom kulturpolitischen Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Erhard Grundl: Die Kulturstaatsministerin dränge richtigerweise auf eine zügige Fertigstellung. Ein Kostenlimit festzulegen, mache keinen Sinn. Denn es sei bereits viel Geld investiert worden: Die große historische Leistung der Ostdeutschen könne nicht genug gewürdigt werden, sagte Grundl dem epd.
Ursprünglich sollte die auch als „Einheitswippe“ bekannte Denkmal-Konstruktion bereits zum 30. Jahrestag des Mauerfalls 2019 eingeweiht werden. Der Entwurf des Stuttgarter Büros Milla und Partner sieht eine begehbare, bewegliche Schale vor, die sich je nach Verteilung der Besucher langsam nach einer der beiden Seiten neigen kann. Es soll an der Stelle des von der DDR-Führung abgerissenen Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmals vor dem ehemaligen Stadtschloss der Hohenzollern stehen.
Roth hatte gegenüber dem Bundestag angekündigt, dass die Bauarbeiten frühestens im Dezember wieder aufgenommen werden könnten. Eine Fertigstellung wäre demnach im ersten Quartal 2026 möglich. Sollte der Bund keine zusätzlichen Mittel zur Verfügung stellen, müsse das Projekt ganz eingestellt werden. Ein Sprecher von Kulturstaatsministerin Roth sagte diese Woche dem epd, das Projekt befinde sich im Zeitplan.