Nach Ansicht der Stuttgarter Bürgermeisterin für Soziales, Gesundheit und Integration, Alexandra Sußmann, hat die Gesellschaft ein Problem mit der Einsamkeit. Viele Menschen in Großstädten fühlten sich einsam, auch in Stuttgart sei das so, sagte sie am Mittwoch bei der 2. Stuttgarter Konferenz gegen Einsamkeit. So seien in der baden-württembergischen Landeshauptstadt 11,6 Prozent beziehungsweise 58.000 Menschen der Bevölkerung von Einsamkeit betroffen. Es sei wichtig, das Thema in die Öffentlichkeit zu bringen und zu enttabuisieren – und sich als Zivilgesellschaft und Stadt zu vernetzen.
Gabriele Reichhardt von der Strategischen Sozialplanung der Stadt Stuttgart sagte, Einsamkeit beschreibe eine schmerzhafte Erfahrung. Vor allem drei Gruppen seien überproportional einsam: Menschen in Armut, mit schlechtem Gesundheitszustand und mit Migrationshintergrund. Chronische Einsamkeit könne die psychische und physische Gesundheit negativ beeinflussen und sogar für eine höhere Sterblichkeit sorgen. Als erste Kommune bundesweit habe Stuttgart 2022 eine kommunale Strategie gegen Einsamkeit vorgelegt. Ein breites gesellschaftliches Netz aus Akteuren sei seitdem entstanden, sagte Reichhardt. Wichtig sei, einsame Menschen zu erreichen, über Nachbarn oder zum Beispiel über aufmerksames Personal in Apotheken, im Supermarkt oder beim Bäcker. Begegnung geschehe dann am besten direkt im Quartier, Räume für Begegnungsangebote könnten möglicherweise die Kirchen bereitstellen.
Stefan Ehehalt, Amtsleiter des Gesundheitsamts Stuttgart, sagte, wesentliche gesundheitliche Folgen der Einsamkeit könnten etwa Bluthochdruck, Angststörungen und Depression sein. Deshalb sei es wichtig, dass präventive Maßnahmen und Maßnahmen gegen Einsamkeit häufiger Teil des medizinischen Versorgungssystems werden. Vielen sei nicht bewusst, dass es auch gesundheitserhaltend sei, wenn man sich ehrenamtlich engagiere. „Es ist gut für mich und meine Gesundheit, wenn ich etwas für andere mache.“ Bevölkerungsmedizinisch betrachtet zeigten Studien sogar, dass Einsamkeit genauso schädlich sei wie der Konsum von 15 Zigaretten am Tag und doppelt so schädlich wie Fettsucht, so Ehehalt.
Das Bundesfamilienministerium arbeitet seit 2022 an der Strategie der Bundesregierung gegen Einsamkeit, die Ende 2023 beschlossen wurde und Maßnahmen zur Linderung und Prävention von Einsamkeit enthält. Im Jahr 2021 konnte nach Daten des sozio-ökonomischen Panels bei 11,3 Prozent der Gesamtbevölkerung ab 18 Jahren in Deutschland eine erhöhte Einsamkeitsbelastung festgestellt werden. Sie waren also häufiger als manchmal einsam.
Nach Auskunft des Kompetenznetzes Einsamkeit (Berlin) gibt es neben Stuttgart auch in Dortmund und in Berlin-Reinickendorf koordinierende Stellen beziehungsweise Einsamkeitsbeauftragte, die an lokalen Strategien zur Verbesserung der Vorbeugung und Linderung von Einsamkeit arbeiten. Auch in Hamburg und im nordrhein-westfälischen Willich hätten sich Netzwerke und Bündnisse gegründet, die zum Thema aktiv geworden sind. Im Südwesten nehmen sich auch Orte wie Unterjesingen, Nürtingen und Schorndorf als Kommune dem Thema an. (0823/09.04.2025)