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Ein Haus für den Film

Drei riesige Leinwände empfangen den Besucher in der Dauerausstellung des Filmmuseums in Frankfurt am Main, die das filmische Erzählen beschreibt. Simultan laufen Ausschnitte aus älteren und neueren Klassikern der Filmgeschichte, die sich ergänzen und kommentieren. Man kann die Installation als Ratespiel nutzen, aber sie zeigt auch die Vielfalt filmischer Gestaltungsmittel.

Und sie stimmt ein auf die Schau, die mit ikonografischen Exponaten das Funktionieren des Films verdeutlicht: Da ist das legendäre „Alien“-Kostüm zu sehen, die Blechtrommel aus dem gleichnamigen Film von Volker Schlöndorff, ein Trickutensil aus Hitchcocks „Die Vögel“ und der Helm von Darth Vader aus der „Star-Wars“-Saga. Die Ausstellung zeigt auch, wie sich das filmische Sehen angekündigt hat: mit Abblätterbüchern, Laterna-Magica-Projektionen und anderem optischem Spielzeug.

Das Filmmuseum am Schaumainkai, integriert in eine Gründerzeit-Villa und Teil des berühmten Frankfurter Museumsufers, hält eine Vielzahl von Angeboten für seine Gäste bereit: wechselnde Ausstellungen, ein 130 Plätze fassendes Kino, ein kleines Studio, in dem Kinder und Jugendliche experimentieren und einen kleinen Film drehen können. Denn Filmbildung und -vermittlung gehört zu den zentralen Säulen des Hauses.

Als das Filmmuseum am 7. Juni 1984 seine Pforten öffnete, mit einem Laserstrahl vom Frankfurter Römerberg zum Schaumainkai, war es das erste seiner Art in der Bundesrepublik und zeigte den Weg für ähnliche Einrichtungen in Düsseldorf (1993) und Berlin (2000) – in der DDR allerdings widmete sich schon seit 1981 das Potsdamer Filmmuseum der Erforschung und Präsentation der regionalen Babelsberger Filmgeschichte. Das Deutsche Filmmuseum geht, wie viele kulturelle Meilensteine in Frankfurt, auf eine Initiative des Frankfurter Kulturdezernenten Hilmar Hoffmann (SPD) zurück, der schon in seiner Antrittsrede 1970 ankündigte, ein audiovisuelles Kommunikationszentrum errichten zu wollen.

Zum Nukleus des Hauses wurde das seit 1971 spielende nichtgewerbliche Kommunale Kino, das Hoffmann und die Stadt Frankfurt gegen den Widerstand der gewerblichen Kinos durchsetzten. Und mit dem Ankauf der Sammlung Paul Sauerlaenders 1978 legte die Stadt einen weiteren Grundstein für das spätere Haus, mit mehr als 1.000 Filmkopien, Aushangfotos, kinematografischen Apparaten und optischem Spielzeug aus der Vorgeschichte des Kinos.

Zu den ersten Gästen des Hauses gehörte der italienische Regisseur Federico Fellini, dessen Zeichnungen die erste Ausstellung des Filmmuseums gewidmet war. Wegweisende Ausstellungen waren eine Special-Effects-Schau (1985), „Sound & Vision“ (1993/94) über Musikvideos und Filmkunst, die große Stanley-Kubrick-Ausstellung (2004), die durch die ganze Welt tourt, und die „Oscar“-Ausstellung (2012/13) in Kooperation mit der US-amerikanischen Academy.

Zu einer ernsthaften Krise weitete sich der Beschluss der Stadt auf Initiative von Hoffmanns Nachfolgerin Linda Reisch im Jahr 1993 aus, das Kommunale Kino zu schließen. Ein Filmmuseum ohne Kino ist wie eine Gemäldegalerie ohne Bilder, das Kino war immer das Herz des Hauses. Dank vieler Proteste aus dem In- und Ausland kann das Kino bis heute weiterspielen.

2006 fusionierte das Filmmuseum mit dem Deutschen Filminstitut – DIF; die Institution heißt jetzt DFF – Deutsches Filminstitut und Filmmuseum. Das DIF gehörte zu den ältesten filmsammelnden Institutionen der Bundesrepublik, vor 75 Jahren, am 13. April 1949 wurde es in Wiesbaden gegründet. Es hatte schon vor der Fusion seine digitalen Aktivitäten ausgebaut, etwa mit filmportal.de eine Internet-Filmdatenbank entwickelt, in der man Informationen zu 250.000 deutschen Filmschaffenden findet.

Zum Profil des Hauses gehören auch zwei renommierte Festivals: seit 1975 „LUCAS – Internationales Festival für junge Filmfans“, Deutschlands ältestes Filmfestival für junges Publikum, seit 2001 versucht „goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films“ das Publikum der Rhein-Main Region für Filmkunst aus dem Osten zu begeistern. Nach dem Umbau des Gebäudes am Schaumainkai 2009 bis 2011 startete das Haus noch einmal durch.

Der deutsche Film gehörte immer schon zum Sammelgebiet des Hauses, mit Vor- und Nachlässen etwa von Volker Schlöndorff, Peter Fleischmann, Lotte Reiniger und Maria Schell. Als das DFF den Nachlass von Rainer Werner Fassbinder akquirierte, richtete es 2019 an der Eschersheimer Landstraße das „DFF Fassbinder Centre“ ein, in dem diese Nachlässe eingesehen werden können. Die nächste Ausstellung „Neue STIMMEN. Deutsches Kino seit 2000“ ab dem 17. Juni wird dem aktuellen deutschen Film gewidmet sein und an große Ausstellungen zum Nachkriegskino (1989) und Neuen Deutschen Film (1991) anknüpfen.