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Ein ehrendes Gedenken für Max Friedlaender

Die Landeskirche weihte am Montag eine Gedenkstätte für den Musikwissenschaftler ein

Berlin/dk Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz hat am Montag, dem 2. Mai, auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf einen Gedenkort an zentraler Stelle für Max Friedlaender (1852–1934) eingeweiht. Neben dem neu aufgestellten Grabstein wurde eine Gedenktafel angebracht, die Leben und Werk von Friedlaender würdigt. 

Im vergangenen Oktober war auf der abgelaufenen Grabstelle des jüdischen Musikwissenschaftlers Max Friedlaender auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf die Urne eines Neonazis und Holocaustleugners beigesetzt worden. An der Trauerfeier nahmen zahlreiche Rechtsextremisten teil. Bischof Stäblein zeigte sich daraufhin „erschüttert und fassungslos über das Geschehen“ und versprach, den Vorfall aufzuarbeiten. Infolge der Berichterstattung hatten die Nachfahren Friedlaenders mit der Landeskirche Kontakt aufgenommen. Gemeinsam mit ihnen stimmt die Landeskirche seither das weitere Vorgehen ab. 

Das Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien (MMZ) in Potsdam wurde von der EKBO mit der historischen Aufarbeitung beauftragt. Auf dessen Vorschlag wurde der Historiker Thomas Irmer mit der Erforschung des Lebens Friedlaenders betraut. Eine Gruppe von Expertinnen und Experten begleitet diese Arbeit, die fortgeführt wird. Zusätzlich wird eine Veranstaltung geplant, in der die bedeutende Leistung Friedlaenders als Musikwissenschaftler analysiert wird. 

Max Friedlaender trug maßgeblich zur Erforschung des deutschen Volksliedes und des Werks des Komponisten Franz Schubert bei. 1887 promovierte er an der Universität Rostock über Schubert. 1910/11 lehrte er an der Harvard-Universität in den Vereinigten Staaten. Max Friedlaender war jüdischer Herkunft und trat 1894 zum Protestantismus über. 

An der Gedenkandacht für Max Friedlaender auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf, die am 88. Todestag Friedlaenders stattfand, nahmen unter anderem Bischof Christian Stäblein, Pfarrerin Marion Gardei, Beauftragte der EKBO für Erinnerungskultur und gegen Antisemitismus, und Angehörige der Familie und Nachfahren von Max Friedlaender teil. 

In seiner Predigt wandte sich Bischof Christian Stäblein an die Familie: „Sie haben mit uns die Versetzung des Grabsteins von Max Friedlaender bedacht und entschieden; ebenso das Aufstellen der Gedenktafel zu seinem Gedenken.“ Dafür dankte er der Familie im Namen der Landeskirche und erklärte: „Es ist dieser Kirche in ihrem Wesen ein fundamentales Anliegen, dass jede Form antisemitischer Haltung und Äußerung verurteilt und ausgeschlossen bleibt. Das sind wir den Verfolgten und Ermordeten schuldig, das sind wir uns schuldig, das sind wir dem Evangelium schuldig. Wir leben aus der Beziehung von Christlichem und Jüdischem unter diesem einen Gott.“

In einem Statement äußerten sich die Nachfahren Friedlaenders zur Einweihung des Gedenkortes: „Seit den Ereignissen um seine ehemalige Grabstätte wenden wir uns als seine Nachfahren vor allem gegen die Vereinnahmung als Projektionsfläche durch verschiedene Seiten. Nazis – damals wie heute – haben damit begonnen.“ Die Familie dankte der Landeskirche, dass sie den Gedenkort geschaffen hat.