In prächtigen Bildern gehaltener Animationsfilm über eine junge Frau, die am Ende des 19. Jahrhunderts nach Unabhängigkeit strebt.
Die hübsche unverheiratete Frau ist ein begehrtes Objekt. Alle möglichen Akteure meinen, über ihr Schicksal bestimmen zu können. Dagegen möchte Jagna (Kamila Urzendowska) sich im Film “Das Flüstern der Felder” nicht vorschreiben lassen, was sie zu tun und wen sie zu lieben oder zu heiraten hat.
Doch in ihrem Dorf in der Nähe von Lodz hat es die junge Frau im ausgehenden 19. Jahrhundert nicht leicht. Der reichste Bauer des Ortes, der alternde Witwer Maciej (Miroslaw Baka), hat ein Auge auf sie geworfen. Mit Jagnas Mutter schließt er einen Handel ab: Er darf Jagna haben – für sechs Hektar seines besten Landes; denn, so Jagnas Mutter: “Die Liebe kommt und geht, aber das Land bleibt.”
Alle sind zufrieden – bis auf Jagna. Denn sie liebt ausgerechnet Borynas Sohn Antek (Robert Gulaczyk), und er sie. Doch Antek ist bereits verheiratet, hat Kinder und steht ohnehin auf Kriegsfuß mit seinem Vater.
Antek mag das Bauernleben nicht, und noch weniger gefällt ihm, dass er mit seiner jungen Familie bei seinem Vater leben und nach dessen Pfeife tanzen muss. Heimlich trifft er sich mit Jagna – auch nach Jagnas Heirat mit Boryna. Doch der Dorfgemeinschaft bleibt nichts verborgen. Bald ist Jagna als Hure verschrien, und der Konflikt zwischen Antek und Boryna erreicht seinen Höhepunkt.
Jagnas Geschichte erzählte der polnische Schriftsteller Wladyslaw Reymont in seinem 1924 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichneten Roman “Die Bauern”. Das Leben der polnischen Bauern, ihre Kämpfe untereinander, aber auch mit dem Gutsbesitzer und den russischen Besatzern sind ebenfalls Gegenstand des Romans.
Der Film des Regie-Paares DK und Hugh Welchman zeigt allerdings auch ihre Borniertheit, ihren Aberglauben und schildert die Geschichte unter einem feministischeren Aspekt. Jagnas Schönheit ist mehr Fluch als Segen. Ständig wird sie von irgendwelchen Männern begehrt, während die Frauen ihr mit Neid und Häme begegnen. Sie ist ein Spielball der Interessen und hat keine andere Wahl, als sich zu fügen.
Für die im Dorf vorherrschende Doppelmoral gibt es allerdings keine Entschuldigung. Die meisten Männer, die von ihr abgewiesen werden, reagieren aggressiv, auch untereinander. Auch ihr Liebhaber Antek lässt den Frust über seine untragbaren Lebensumstände an ihr aus und wirft ihr jene vermeintliche Unsittlichkeit vor, die er selbst verursacht hat.
Andererseits eignet sich Jagnas Schönheit auch hervorragend für den Stil des Films. Die Filmemacher haben ihr Werk mit echten Schauspielern an speziell konstruierten Sets, die wie Landschaften aussehen, oder vor Green Screens gedreht. Anschließend wurden diese Bilder von über 100 Künstlern in Studios in Polen, Serbien, Litauen und der Ukraine mit Ölfarben übermalt und animiert. So können Landschaften, aber auch Kleidung oder körperliche Details wie Jagnas im Wind wehendes Haar besonders hervorgehoben werden.
Da die Story in die vier ineinander übergehenden Jahreszeiten unterteilt ist, ergeben sich durch die Animation auch visuell poetische Übergänge. Nach einer dramatischen Szene im Winter fliegt ein Schwarm Vögel in den Frühling; im Dorf schmilzt der Schnee und lässt ein buntes Spektrum an Farben erkennen.
Auch thematisch überzeugt das Werk. Historische Kostüme und Ausstattung wirken sehr authentisch, etwa die Interieurs der Bauernhütten. Auch Szenen bei Wind und Wetter, wie die Mühen der Ernte, übersetzen die Animatoren in beeindruckende Bildkompositionen.
Als besonders beklemmend erweist sich jedoch der ständige Tratsch im Dorf. Auf Schritt und Tritt beobachten und bewerten die Dörfler die Protagonistin – Parallelen zu heutigen Auswüchsen in sozialen Medien drängen sich auf.
Insofern beleuchtet der Film auch das Stadt-Land-Gefälle, das in Polen bis heute existiert. Zum anderen werden die Bauern in all ihrer Komplexität dargestellt. Der Film prangert bigotte Wertvorstellungen an, vor allem in Bezug auf Frauen, die Angst vor Neuem und brachiale Gewalt sowie Missgunst und Habgier.