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Donnerstags in Schwarz

Unterwegs zu einer Welt ohne Vergewaltigung und Gewalt!

An einem Donnerstag Ende April 1977 trafen sich 14 Frauen auf der Plaza de Mayo in Buenos Aires. Ihr Erkennungszeichen waren weiße Kopftücher. Sie stellten sich in einen Kreis und hielten Fotos hoch. So machten sie auf das Verschwinden ihrer Kinder und Ehemänner aufmerksam. Am nächsten Donnerstag hatte sich ihre Zahl verdoppelt. Bald schon waren es Hunderte. Die argentinische Militärdiktatur war machtlos. Bis heute protestieren die Madres von der Plaza de Mayo gegen jede Form von Gewalt, Unterdrückung und Menschenrechtsverletzung.
In Israel gibt es seit Beginn der ersten Intifada im Januar 1988 jeden Freitag Mahnwachen von Frauen in schwarzer Kleidung. Sie fordern ein Ende der israelischen Besatzung der palästinensischen Gebiete. Auch in Ruanda und Bosnien gab es Women- in-black-Gruppen. Sie lehnten sich gegen Vergewaltigung als Kriegswaffe während des Genozids auf. Die Black Sash Bewegung (Schwarze Schärpe) in Südafrika protestierte gegen Apartheid und gegen die Anwendung von Gewalt gegen schwarze Menschen.
All dies ist eingeflossen in die Kampagne „Donnerstags in Schwarz“, die vom Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) seit gut 20 Jahren getragen wird. Entstanden ist sie während der Ökumenischen Dekade der Kirchen zur Solidarität mit den Frauen (1988-1998). So wurden Berichte von Vergewaltigung als Kriegswaffe, geschlechtsbezogener Ungerechtigkeit, Misshandlung, Gewalt und vielen Tragödien, die aus solcher Gewalt entstehen, öffentlich.
Gleichzeitig wurde aber auch bewusst, was Frauen dem weltweit an Widerstand entgegensetzen. Ihr stummer, aber sichtbarer Protest ist in vielen politischen Kontexten eine mutige Handlung. Sie zeugt von Re­silienz, von der Kraft, der zerstörenden Wirkung von Gewalt zu widerstehen und sich ihr entgegenzustellen. Diese Haltung verdient Respekt, Aufmerksamkeit und Solidarität.  
„Gläubige Menschen müssen ihre Stimme gegen sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt erheben. Diese Gewalt geschieht häufig im Versteckten, und Opfer bleiben oft still aus Angst vor Stigmatisierung und weiterer Gewalt“, heißt es im ÖRK-Aufruf zur Kampagne. Und weiter: „Wir alle tragen eine Verantwortung, uns gegen Gewalt auszusprechen und sicherzustellen, dass Frauen und Männer, Jungen und Mädchen vor Vergewaltigung und Gewalt allgemein in ihrem Zuhause, in der Schule, auf der Arbeit, auf Straßen und Plätzen, in Parks und an allen Orten in unseren Gesellschaften sicher sind.“
Diese globale ökumenische  Kampagne wird von den meisten der 348 Mitgliedskirchen des ÖRK, von nationalen Kirchenräten  und ökumenischen und interreligiösen Partnern, akademischen Institutionen, Vereinen von Studierenden und vielen mehr mitgetragen. Sie kann an jedem Ort und von jeder Person umgesetzt werden: einfach donnerstags schwarze Kleidung und einen Anstecker tragen, der auf den Bezug zur globalen Bewegung hinweist, die sich gegen Haltungen und Handlungen auflehnt, die Vergewaltigung und Gewalt dulden.
Bei den großen ökumenischen Versammlungen, etwa der Weltmissionskonferenz oder der Weltversammlung des Lutherischen Weltbundes werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer schon bei der Anmeldung gebeten, sich für den Donnerstag schwarze Kleidung einzupacken. Das klappt auch meistens. Das Thema für den Donnerstag ist damit gesetzt.
Hierzulande gilt es, noch etwas Überzeugungsarbeit zu leisten. Eine Landessynode, die donnerstags schwarz trägt, eine Kreissynode, ein Pfarrkonvent, ein Presbyterium, eine Frauenhilfegruppe? Da ist vieles denkbar. Dazu braucht es Botschafterinnen und Botschafter, die mit gutem Beispiel vorangehen und Überzeugungsarbeit leisten.
Anders als die Freitagsproteste der Schülerinnen und Schüler, die auf die Klimakatastrophe aufmerksam machen und dafür die Schule schwänzen, lässt sich der „Donnerstag in Schwarz“ ohne Zeitaufwand realisieren. Es braucht dafür nur Aufmerksamkeit und die bewusste Entscheidung am Donnerstagmorgen vor dem Kleiderschrank. Vom guten Vorsatz, sich donnerstags in Schwarz zu kleiden bis zur Umsetzung ist es dann nur noch ein Schritt.
Die Mitarbeitenden im Amt für MÖWe wollen die Kampagne „Donnerstag in Schwarz“ beim Kirchentag in Dortmund einbringen. Wenn am Kirchentagsdonnerstag (20. Juni) etwa 20 Prozent der Kirchentagsbesucherinnen und -besucher ein schwarzes Kleidungsstück tragen würden und Auskunft darüber geben könnten, was das bedeutet, wäre das Ziel erreicht. Im Vorfeld wird auf die Kampagne aufmerksam gemacht und dazu eingeladen, sich vor Ort damit zu beschäftigen. Informationsmaterial gibt es auf den Internetseiten des ÖRK und des Amtes für MÖWe. Dazu gehört auch eine Druckvorlage für einen Button.

Internet: https://www.oikoumene.org/de/mitmachen/thursdays-in-black, https://www.moewe-westfalen.de/.

 

Pfarrerin Annette Muhr-Nelson ist Leiterin des Amtes für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung (MÖWe) der EKvW in Dortmund.