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Digitale Kompetenzen deutscher Schüler gehen laut Studie zurück

In deutschen Schulen gibt es immer mehr digitale Geräte und Lehrkräfte setzen diese auch häufiger ein. Dennoch nehmen die Digitalkompetenzen der Schüler ab. Dabei kommt es allerdings auch auf die Schulform an.

Deutsche Schüler drohen laut einer aktuellen Studie im Bereich digitaler Kompetenzen den Anschluss zu verlieren. Wie aus der am Dienstag vorgestellten ICILS-Studie hervorgeht, sind die durchschnittlichen computer- und informationsbezogenen Kompetenzen von Achtklässlern in Deutschland im Vergleich zu den Vorgängeruntersuchungen von 2013 und 2018 deutlich rückläufig. Rund 40 Prozent der Schüler erreichen aktuell demnach nur die unteren beiden von fünf Kompetenzstufen. Jenseits von Gymnasien liegt der Anteil sogar bei 55 Prozent. Die höchste Kompetenzstufe erreichen nur rund ein Prozent der Achtklässlerinnen und Achtklässler.

In die repräsentative Stichprobe wurden in Deutschland rund 5.000 Schüler sowie rund 2.300 Lehrkräfte an 230 Schulen einbezogen. Demnach liegen deutsche Schüler im internationalen Vergleich mit 502 erzielten Punkten aktuell weiterhin über dem Mittelwert aller 35 an der Studie beteiligten Länder (476) und dem Mittelwert der 22 teilnehmenden EU-Länder (493). Schülerinnen und Schüler in Deutschland erreichten an Gymnasien mit 559 Punkten ein deutlich höheres Kompetenzniveau als an anderen Schulformen (472 Punkte).

Bundesbildungsminister Cem Özdemir (Grüne) sagte, die Ergebnisse der aus seinem Haus finanzierten Studie zeigten, dass es ein ganzheitliches Konzept für digitale Bildung brauche. Es bereite ihm Sorgen, dass die digitalen Kompetenzen auch an soziale und herkunftsspezifische Faktoren gekoppelt seien. Schulen brauchten eine gute Ausstattung, aber Lehrkräfte müssten Kindern auch einen sicheren und selbstbestimmten Umgang mit digitalen Medien vermitteln können.

Er setze daher darauf, dass die Gespräche zum sogenannten Digitalpakt 2.0 mit den Ländern zu einem Erfolg führten, so Özdemir. Die Verhandlungen von Bund und Ländern zur Fortführung des Digitalpakts waren unter Amtsvorgängerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) zu keinem Ergebnis gekommen. Mit dem im Mai ausgelaufenen Digitalpakt hatte der Bund die IT-Ausstattung in den Schulen seit 2019 mit rund 6,5 Milliarden Euro unterstützt. Mittel des Bundes sollten künftig auch für die Entwicklung von Pädagogik und Mediendidaktik eingesetzt werden, meinte Özdemir.

Der erste Digitalpakt hat laut der ICILS-Studie durchaus Wirkung gezeigt: Mussten sich 2018 in Deutschland im Schnitt noch fast zehn Schüler ein digitales Gerät der Schule teilen, waren es 2023 nur noch fünf. Der Anteil der Lehrkräfte, die digitale Medien täglich im Unterricht nutzen, stieg von 9,1 Prozent im Jahr 2013 auf zuletzt 69,9 Prozent. Damit liegt Deutschland auch hier über dem internationalen Vergleichswert (61,2 Prozent). Allerdings gaben umgekehrt nur 25 Prozent der befragten Schüler an, täglich digitale Medien in der Schule für Aufgaben zu nutzen.

Im Rahmen der Studie wurden auch Kompetenzen im Bereich des “Computational Thinking” erhoben. Dabei geht es etwa um die Verwendung von Algorithmen und Modellierungen zur Lösung von Problemen. Hier sind die Kompetenzen deutscher Schüler immerhin nicht deutlich gesunken. Doch mit im Mittel 479 Punkten liegen sie unter den Ergebnissen vieler anderer, auch europäischer Länder (jeweils 483 Punkte).

Forschende der Universität Paderborn, die die repräsentative Studie für Deutschland koordiniert haben, fordern mehr Unterstützung, insbesondere für Schulformen jenseits der Gymnasien. Zudem bedürfe es einer “gezielteren, kontinuierlichen und zeitgemäßen Lehrerfortbildung”. Schulleitungen sollten zu “Digital Learning Leaders” werden, also das Thema vorantreiben.

Ein Bündnis aus Vertretern von Schülern, Lehrern, Eltern, Schulträgern, Digitalwirtschaft und Zivilgesellschaft hatte am Montag gefordert, die Fortsetzung des Digitalpakts noch vor den geplanten Neuwahlen zu klären.