In der Schlange an der Supermarktkasse, an der Ampel oder auf den Zug – wir warten unser Leben lang auf irgendetwas. Laut der ADAC-Staubilanz gibt es allein rund 330.000 Stunden Stau pro Jahr. Ludger Iske aus dem schleswig-holsteinischen Eutin hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Warten zu verändern: mit Konzerten in Wartezimmern.
„Das Abwarten in einer Arztpraxis ist dabei etwas ganz Besonderes“, findet Iske. „Etwas ganz anderes als ein Konzert in einem lockeren Wohnzimmer.“ Wartezimmer sind für ihn Räume, die von ganz unterschiedlichen Emotionen geprägt sind. „Da gibt es ja durchaus auch mal die Situation, dass die Schwester nicht reinkommt und sagt: Herzlichen Glückwunsch, es sind Zwillinge. Das kann auch eine viel dunklere Botschaft sein.“ Iske verbindet die Emotionen in einer Praxis mit Musik, Witz und Humor. So könne eine sehr eigenartige und vor allem fröhliche Atmosphäre entstehen. „Eine sehr schöne Mischung.“, sagt der Musiker.
Die bisherigen vier Konzerte waren ein voller Erfolg. In der Zukunft soll das Konzept „Wartezimmerkonzerte“ weiter ausgebaut werden, denn noch spielt der Singer-Songwriter Iske nur nach Ankündigung. „Einfach drauf los“ sei bei so sensiblen Themen, um die es in einigen Kliniken geht, oft schwierig. Dennoch wünscht sich Ludger Iske, bald auch offen in Wartezimmer gehen zu können und das Warten für möglichst viele Menschen zu verändern.
Vorbild waren Wohnzimmerkonzerte
Sein langjähriger Freund Mark Smith aus Preetz hat ihm geholfen, die Wartezimmerkonzerte ins Leben zu rufen. Vorbild waren die bekannten „Wohnzimmerkonzerte“. Allein die Erfindung des Wortes habe zur Entstehung der Konzerte in Arztpraxen beigetragen.
Die Konzerte finden jedes Mal in einer besonderen Arztpraxis und mit Fokus auf ein anderes „Herzensthema“ statt, erklärt Iske. So kämen die unterschiedlichsten Leitthemen auf die Bühne. „Das macht wahnsinnig Spaß, und ich habe ja das Glück, dass ich Kollegen habe, die alle für verschiedene Themen brennen.“
Spontane Konzerte sind schwierig
Eine von ihnen ist Anne Schluck. Beim Konzert in ihrer Praxis ging es ums Thema Klima und Gesundheit. „Wir sind im Gesundheitssystem mit für unseren CO2-Abdruck in Deutschland verantwortlich“, sagt die Ärztin. Außerdem hingen Gesundheit und Klima auf noch eine andere Art zusammen, denn viele Dinge, die für die Gesundheit verändert werden könnten, würden auch dem Klima helfen. Beispielsweise öfter mal Wege zu Fuß zurück zu legen, sagt Schluck. „Andersherum, wenn sich das Klima so verändert, dass der menschliche Körper nicht mehr damit klarkommt, dann können wir hier einfach nicht mehr leben.“