Über zehn Jahre lang haben die rheinland-pfälzische Landesregierung und die größten Islamverbände im Land über einen Vertrag verhandelt, der grundsätzliche Fragen in den Beziehungen zwischen Staat und islamischen Gemeinden klären soll. Der Ausgang der Gespräche war lange unabsehbar. Mehrfach zogen Kritiker die Absichten des Landes ganz grundsätzlich infrage. Eine Chronologie der wichtigsten Stationen:
August 2012: Bei einem Besuch zum traditionellen islamischen Fastenbrechen in einer Mainzer Moschee regt der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) eine Grundsatzvereinbarung „auf Augenhöhe“ zwischen Land und islamischen Verbänden nach dem Vorbild der Verträge zwischen Staat und großen christlichen Kirchen an.
2014, 2015: Zwei Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass die Islamverbände in Rheinland-Pfalz trotz ihrer geringen Mitgliederzahl und ihrer rechtlichen Organisationsform als Religionsgemeinschaften eingestuft werden können und als Partner für den Aufbau von islamischem Religionsunterricht an Schulen infrage kommen. Um die Veröffentlichung der vom Land zunächst geheim gehaltenen Gutachtertexte entbrennt eine heftige politische Auseinandersetzung.
Dezember 2015: Das Land beginnt die eigentlichen Vertragsverhandlungen mit dem türkisch-islamischen Verband Ditib, dem Verband der islamischen Kulturzentren VIKZ, der Schura Rheinland-Pfalz, der islamischen Sondergemeinschaft Ahmadiyya Muslim Jamaat und der Alevitischen Gemeinde.
August 2016: Nach einem gescheiterten Putschversuch in der Türkei und zunehmenden Repressalien des türkischen Staates gegen die Opposition werden die Verhandlungen mit den Islam-Verbänden auf Eis gelegt. Zusatzgutachten sollen klären, wie groß der Einfluss des türkischen Staates auf die Islamverbände ist.
August 2018: Nach Erstellung weiterer Gutachten tritt der für die Gespräche zuständige Kulturminister Konrad Wolf (SPD) auf die Bremse: Die Vertragsverhandlungen werden vorerst nicht fortgeführt. Stattdessen stellt das Land den Islamverbänden eine Reihe von Vorbedingungen, die sie erfüllen müssen, um ausländische Einflussnahme und Zweifel an ihrer Verfassungstreue ausschließen zu können. Die Schura trennt sich von mehreren Mitgliedsgemeinden, denen Verbindungen ins islamistische Milieu nachgesagt werden, darunter von dem in die Kritik geratenen Mainzer „Arab Nil-Rhein Verein“.
April 2019: Die im Gegensatz zu den übrigen Verbänden weitergelaufenen Verhandlungen mit der Alevitischen Gemeinde führen zu einem ersten Vertragsabschluss. Alevitischer Religionsunterricht wird ordentliches Schulfach in Rheinland-Pfalz.
März 2021: Nach dem Auftritt eines nationalistischen Gastredners aus der Türkei auf Einladung des Ditib-Landesverbandes werden erneut Forderungen laut, den Verhandlungsprozess mit den restlichen Verbänden dauerhaft zu beenden. Der Ditib-Landesvorsitzende erklärt wegen des Vorfalls seinen Rücktritt.
Oktober 2023: Das Land Rheinland-Pfalz sieht alle gestellten Vorbedingungen durch die Verbände erfüllt. Die Vertragsverhandlungen werden wieder aufgenommen.
20. Dezember 2024: Der Vertrag zwischen Land und Verbänden wird in der Staatskanzlei unterzeichnet.