Auf manche Frage, die im neuen Vorsorgeführer der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart (eva) besprochen wird, muss man vorab erst einmal kommen: Möchte ein Mensch bei seiner Bestattung Schmuck tragen? Was soll damit im Falle einer Kremation geschehen? Dürfen Angehörige, Freunde und Vertrauenspersonen Dinge als Sargbeigabe mitgeben? Soll ein Kondolenzbuch aufgelegt werden? Die 36-seitige Broschüre ist sehr detailliert und lässt trotzdem den Angehörigen Raum. An vielen Stellen kann auch die Möglichkeit „wenn Angehörige es wünschen“ angekreuzt werden.
Der Vorsorgeführer ist im Rahmen des Projekts „eva’s Abschied“ entstanden. Dieses Projekt der eva richtet sich vor allem an Menschen, die in Stuttgart ohne Kontakt zu Angehörigen sterben. Sie sollen nicht willkürlich einer vom Amt für öffentliche Ordnung angeordneten Bestattung ausgeliefert sein. Menschen, die dem Verstorbenen nahestanden, haben auf die angeordnete Bestattung keinen Einfluss, wenn sie keine Blutsverwandten sind. Dazu ist eine Verfügung notwendig, etwa mit dem neuen Heft.
In einem extremen Fall, den die eva nennt, war eine Bestattung vorab komplett bezahlt. Weil das aber nicht bekannt war und die Unterlagen nicht gefunden wurden, gab es stattdessen eine angeordnete Bestattung. Um so etwas zu verhindern, gehört zum Vorsorgeführer eine Mappe für wichtige Unterlagen. „Dann müssen die Totenfürsorgenden im Trauerfall nicht mühevoll und zeitintensiv alles zusammensuchen“, sagt Nicole Bornkessel. Die 49-jährige Bestatterin wurde von der eva als Projektleiterin angestellt.
Sind Angehörige da, fordert der Vorsorgeführer dazu auf, als ersten Schritt mit ihnen über das Thema zu sprechen – statt still und leise alleine das Heft auszufüllen. „Wer Wünsche formuliert, sollte sich dabei immer über die Konsequenzen für seine Angehörigen und Freunde bewusst sein“, sagt Bornkessel. Wer etwa aus Kostengründen auf eine Trauerfeier verzichte, solle Angehörigen und Freunden eine andere Möglichkeit zum Abschied geben.
Auf die umfangreichen Eintragungen zur eigenen Person folgen im Heft andere Adressangaben: Wer soll im Trauerfall schnellstmöglich informiert werden? Es gibt Eintragungen zur gewünschten Bestattungsart und zu den Trauerfeierlichkeiten. Auch ungewöhnliche Wünsche wie die Luftbestattung mit dem Heißluftballon haben Platz. Bei einer Seebestattung kann sich der Ausfüller die Reederei wünschen sowie zwischen Nordsee und Ostsee sowie mit Angehörigen oder ohne sie wählen.
Weil solche genauen Festlegungen sehr belasten statt entlasten können, gibt es auch bei der Seebestattung ein „wie Angehörige es wünschen“. Das gilt genauso für andere Punkte, bei denen die Gefahr der „Überregulierung“ besteht: Wer sich Sargmodell, Blumenschmuck und Grabstein detailliert selbst aussucht, nimmt den Angehörigen jeden Spielraum.
Zudem gibt es im Vorsorgeführer Raum für biografische Notizen und für Gestaltungswünsche zu Karten und Anzeigen bis zu den Danksagungen. Die letzten Seiten versammeln Daten für Abmeldungen und Kündigungen, von der Betriebsrente über die Rundfunkgebühren bis zu Zeitschriftenabos und Mitgliedschaften. Diese Seiten sind unstrittig eine große Entlastung – damit manche vergessene Kündigung nicht erst dann auffällt, wenn die erste Mahnung eintrifft.
Auch das digitale Erbe findet, wenn auch knappen, Raum: vom E-Mail-Konto über eine Homepage bis zu Sozialen Netzwerken. Überraschenderweise bietet die Broschüre zwar ein Feld für „Nummer/Aktenzeichen“, aber keines für Passwörter, was den Hinterbliebenen die Weiterarbeit schwer machen dürfte.