Am 24. November wird die Berliner Sankt Hedwigs-Kathedrale nach Sanierungsarbeiten wieder eröffnet. Den Umbau leitet seit fünf Jahren die Italienerin Elena Cenci. Sie verbindet Kompetenz, Energie und Humor.
Ob sie schon mal für ein ähnliches Projekt verantwortlich war? “Nein”, sagt Elena Cenci frei und offen und lacht. “Der Umbau einer Kathedrale ist ein einmaliges Projekt, auch für mich. Meine bisherige Tätigkeit als Architektin betraf die Planung und Projektleitung von größeren Wohnungsbauvorhaben sowie Hotel- und Bürobauten.”
Seit fünf Jahren leitet die gebürtige Italienerin, die an der Technischen Universität Berlin Architektur studiert hat, die umfassende Sanierung der Sankt-Hedwigs-Kathedrale am Bebelplatz und – als wäre dies noch nicht genug – auch den Neubau des angrenzenden Bernhard-Lichtenberg-Hauses, dem zukünftigen Dienst- und Wohnsitz des Berliner Erzbischofs. Die Arbeit von zwei Architekturbüros muss dafür von Cenci koordiniert werden. Doch von Erschöpfung oder Überlastung ist bei ihr nichts zu bemerken.
Die zierlich-vitale Frau mit den leuchtend blauen Augen strahlt Energie und Souveränität aus, als sie zusammen mit dem Berliner Dompropst Tobias Przytarski durch Berlins “heiligste Baustelle” (“B.Z.”) führt. Am 24. November soll die feierliche Wiedereröffnung der Kathedrale sein. Cenci ist überzeugt, dass es mit dem Termin klappt. Von der Pandemie hat sie sich mit ihrem Team nicht stoppen lassen, auch nicht von der Inflation im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine. Die Mischung aus Gottvertrauen und Kompetenz scheint ihr in die Wiege gelegt worden zu sein. Die spirituelle Dimension dieser Arbeit bedeute ihr etwas, sagt sie fröhlich, ohne ins Detail zu gehen. Sie lässt lieber die Bauelemente sprechen.
Da wäre zum Beispiel das geheimnisvolle Zusammenspiel des schon geweihten Altars im Zentrum der Kirche und dem Oberlicht in der Rotunde, das nach der Sanierung möglich ist. Denn: Statt des Kreuzes, das auf den Eingangsgiebel versetzt wurde, wird die Kuppel der Kathedrale nun von einer runden Öffnung (“Opaion”) geschmückt, die dem Pantheon in Rom nachempfunden ist. Sicherheitshalber wird die Öffnung aber von einem Fenster mit Kunststoff abgedeckt, da auf das Berliner Wetter weniger Verlass ist. Die Linie zwischen Altar und Oberlicht lässt sich theologisch deuten. Sie soll für den Dialog von Gott und Mensch stehen.
Im Zentrum der Unterkirche (Krypta) hingegen befindet sich ein auffällig großes Taufbecken, das nach Worten von Cenci und Przytarski auch Ganzkörpertaufen möglich machen soll. Ein Einfall, der zunächst ungewöhnlich wirkt, denn vermutlich hat es im Erzbistum Berlin noch nie eine solche Taufkultur gegeben. Doch warum soll man sich angesichts sinkender Mitgliederzahlen nicht an dem orientieren, was zu Beginn der christlichen Ära praktiziert wurde?
Tatsächlich wird die Unterkirche mit Bischofsgräbern und Kapellen zu Ehren der heiligen Hedwig von Schlesien und des seligen Dompropst Bernhard Lichtenberg im Unterschied zu ihrer früheren Erscheinung vor dem Umbau eine mystisch-dunkle, katakombenähnliche Aura besitzen, die auf viele Besucher anziehend wirken könnte. Nicht nur architektonisch. Dompropst Przytarski ist für diesen Raum “am dankbarsten”.
Über den Aufzug, der von der Kirche hierhin führt, werden sich besonders Besucher mit Gehbeeinträchtigung oder Familien mit Kinderwagen freuen. Einen derartigen Service gibt es beim Weg unter die Kuppel nicht – oder nur für die Arbeiter. Sportlich läuft Elena Cenci mit Helm und speziellen Sicherheitsschuhen die schmale Wendeltreppe nach oben, um dort zu erklären, wie unter der sanierten Außenkuppel (“die komplette Dachdämmung wurde erneuert”) eine weiße, wabenartige Innenkuppel installiert worden ist, die dem Innenraum eine fast schon transzendente Helligkeit ohne Kitsch verleiht. Von hier kann man sich gut die geplanten Sitzreihen für die Gemeinde rund um den Altar vorstellen. Platziert auf Natursteinplatten, die derzeit noch von Planen, Holzschienen und Baugeröll verdeckt sind. Dazu passt es, dass auch die Fußbodenheizung der Kathedrale komplett modernisiert wurde.
Dass Taufbecken, Altar und Kuppelöffnung eine Achse bilden, ist kein Zufall, sondern Architektur gewordene Theologie: von der Taufe über die christliche Gemeinschaft am Altar hinauf zum Licht – dadurch soll der christliche Lebensweg versinnbildlicht werden. Doch etwas Lockerheit gehört auch dazu. So erläutert Elena Cenci beim Blick auf die Kuppelöffnung, wie das Sonnenlicht im Raum je nach Uhrzeit wandern wird – um schmunzelnd zu ergänzen: “Es ist eine Art Sonnenuhr, die wir noch dazu bekommen haben.”