„Die Schöne ist gekommen“, bedeutet der Name der ägyptischen Königin Nofretete übersetzt. Am Mittwoch vor 20 Jahren ist die Büste der Schönen nach 66-jähriger Absenz wieder in das Neue Museum auf der Berliner Museumsinsel zurückgekommen. Nachdem sie lange im Ägyptischen Museum im Westen Berlins gezeigt wurde, war die Büste 2005 auf die Museumsinsel im Herzen der Stadt zurückgekehrt. Seit 2009 ist sie dort im Neuen Museum zu sehen.
Dort steht sie, 47 Zentimeter hoch und in so lebendigen Farben, als seien diese erst kürzlich aufgetragen worden und nicht bereits vor mehr als 3.000 Jahren. Prägnant ist die fehlende Einlage des linken Auges, die es vielleicht nie gegeben hat. Nofretete, Hauptgemahlin des Pharaos Amenophis IV. (später Echnaton), heiratete diesen vor oder nach dessen Thronbesteigung im Jahr 1351 vor Christus. Genau wie ihr Geburtsjahr ist auch das ihres Todes unbekannt. Es ist möglich, dass Nofretete nach dem Tod Echnatons sogar eine Zeit lang selbst regiert hat.
Die Büste wurde nach Angaben der Staatlichen Museen zu Berlin am 6. Dezember 1912 bei einer Grabung unter Leitung des Ägyptologen Ludwig Borchardt im mittelägyptischen Tell el-Amarna gefunden. Die ägyptische Altertumsverwaltung hätte aufgrund der Gefahr durch Plünderungen und der unerlaubten Ausfuhr von Kulturgütern „größtes Interesse“ gehabt, „Grabungen an erfahrene Ausgräber“ zu vergeben.
Als sich die Grabungskampagne dem Ende zuneigte, erfolgte 1913 die damals übliche Teilung der Funde nach den Statuten der ägyptischen Altertümerverwaltung. Insgesamt 14 Fundgruppen gab es zu teilen – beide Seiten, Deutschland und Ägypten, sollten also jeweils sieben von ähnlicher Bedeutung erhalten. Die ägyptische Seite setzte das Altarbild „Klappaltar von Kairo“ an die erste Position, die deutsche Seite wählte die Büste der Nofretete. Der Fund ging in das Eigentum von James Simon über. Der Berliner Unternehmer und Mäzen hatte die Grabungen alleine finanziert und schenkte die Büste 1920 dem Berliner Museum.
Das ist zumindest die deutsche Version der Geschichte. Wenn es etwa nach dem ehemaligen Generalsekretär der ägyptischen Altertümerverwaltung, Zahi Hawass, geht, soll das Kunstwerk keine weiteren hundert Jahre in Deutschland verbringen. Die Schöne soll wieder kommen, und zwar in ihr Ursprungsland. Im Oktober 2024 startete er dafür eine Petition. Er berief sich dabei auf internationale Abkommen zum Schutz von Kulturerbe, darunter ein Unesco-Übereinkommen von 1970. Bislang unterschrieben knapp 50.000 Menschen die Petition.
Und das war nur der bislang letzte Akt im Ringen um die schöne Königin. Hawass selbst, damals noch aktiver Chef der Altertümerverwaltung, erhob 2011 die Forderung nach einer Rückgabe. Und bereits 1933 waren Verhandlungen abgebrochen worden, als Ägypten Nofretete gegen die Skulptur eines Prinzen eintauschen wollte.
Aber es gab auch positive Signale aus Ägypten: Bei der Wiedereröffnung des Neuen Museums 2009 bezeichnete der damalige Botschafter des Landes sie als „ägyptische Perle Berlins“ und „beliebteste ständige Vertreterin Ägyptens in Deutschland“. Und zum 100-jährigen Jubiläum des Fundes freute sich der Botschafter über das große Publikum, das Nofretete in Berlin findet.