Artikel teilen:

Die Inseln trifft es zuerst

Unter Naturkatastrophen leiden Gebiete mit schwieriger sozialer Lage ganz besonders. Experten fordern Präventionsmaßnahmen, etwa die Stärkung regionaler Landwirtschaft

BERLIN – Die Auswirkungen von Naturgewalten wie Erdbeben oder Wirbelstürmen können durch eine gesicherte Ernährung der Menschen eingedämmt werden. „Wer Hunger hat, ist verletzlicher bei Katastrophen, Kriegen und Konflikten“, sagte Peter Mucke, Geschäftsführer des „Bündnisses Entwicklung Hilft“, als er kürzlich in Berlin den aktuellen „Weltrisikobericht“ vorstellte. Umgekehrt hätten mit Lebensmitteln gut versorgte Menschen bei eintretenden Naturkatastrophen und Konflikten bessere Überlebenschancen.

Arme Länder können nicht vorbeugen

„Wer hungert, kann weder Vorräte für den Katastrophenfall anlegen noch langfristige Maßnahmen zur Anpassung an Katastrophenrisiken ergreifen“, sagt Mucke. Was das heißt, liegt auf der Hand: In solchen Fällen bleiben etwa Umweltschutz oder andere vorbeugende Strategien auf der Strecke.
Allerdings muss es, wie Fachleute wissen, rein rechnerisch keinen Hunger geben. Davon ist auch Mucke überzeugt. Hunger entsteht erst durch eine ungerechte Verteilung von Lebensmitteln, Verschwendung, Verluste bei der Ernte oder beim Transport.
Unter den für den „Weltrisikobericht“ weltweit 171 untersuchten Ländern weist der Inselstaat Vanuatu im Südpazifik das größte Risiko für eine weitreichende Zerstörung durch Naturkatastrophen auf. Auf den Rängen zwei und drei folgen Tonga und die Philippinien.
Die 15 weltweit am meisten gefährdeten Länder liegen allesamt am Meer oder sind Inselstaaten. Daher sind sie dem Bericht zufolge Naturgefahren wie Überschwemmungen, Wirbelstürmen oder dem Anstieg des Meeresspiegels in besonderem Maße ausgesetzt. Deutschland liegt auf Platz 146. Die geringsten Risiken ermittelte der Bericht anhand 28 verschiedener Indikatoren für Saudi-Arabien (Platz 169), Malta (Platz 170) und Katar (Platz 171).
Um das Katastrophenrisiko in besonders gefährdeten Ländern zu minimieren, muss eine bessere Ernährung der Bevölkerung gewährleistet werden. Das betont Martin Bröckelmann-Simon vom katholischen Hilfswerk Misereor. Dafür sollten die betroffenen Regierungen den konkreten Ernährungsbedarf ermitteln und gezielte Maßnahmen ergreifen. So sollten etwa Kleinbauern und regionale Märkte gestärkt werden.
Von zentraler Bedeutung ist  nach Ansicht des Miseror-Fachmanns in diesem Zusammenhang etwa der Schutz von Landrechten. Zudem sollten vermehrt Schutzanlagen gegen Hochwasser gebaut werden.
Auch die internationale Gemeinschaft trage eine Verantwortung, die Ernährung für alle Menschen zu sichern, meint Bröckelmann-Simon. So sollten Industriestaaten auf den Handel mit Produkten verzichten, deren Erzeugung natürliche Lebensgrundlagen zerstören. Zudem hoffe er auf ein mutiges Signal auf dem Ende November beginnenden UN-Klimagipfel in Paris, so dass die Auswirkungen des Klimawandels begrenzt würden.
Der Weltrisikobericht wird seit 2011 jedes Jahr vom „Bündnis Entwicklung Hilft“ vorgelegt. Darin haben sich die Hilfsorganisationen „Brot für die Welt“, Christoffel-Blindenmission, Kindernothilfe, medico international, Misereor, terre des hommes und die Deutsche Welthungerhilfe zusammengeschlossen. epd

http://weltrisikobericht.de/wp-content/uploads/2016/08/WeltRisikoBericht2016.pdf