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Die größten Früchte im Pflanzenreich

Eigentlich sind sie riesige Beeren: „Kürbisse sind Panzerbeeren, die größten Früchte im Pflanzenreich“, erklärt Hilke Steinecke, Kustodin des Frankfurter Palmengartens. Es gibt mindestens 15 Arten und bis zu 800 Sorten. Sie überranken den Boden oder hangeln sich an einer Stütze empor und sind als Herbstdeko allgegenwärtig.

Schon vor fast 10.000 Jahren wurden Kürbisse von der Gattung Cucurbita in Bolivien domestiziert, lange bevor Kolumbus 1492 auf dem amerikanischen Kontinent ankam. „Und die Maya in Mittelamerika kultivierten sie zusammen mit Mais und Bohnen, die den Starkzehrern den nötigen Stickstoff lieferten: eine frühe Mischkultur, die bis heute als die ‘drei Schwestern’ bekannt ist“, sagt Steinecke.

Flaschenkürbisse der Gattung Lagenaria wurden auch in Asien und Afrika angebaut. Das chinesische Wort „Hulu“ für den Flaschenkürbis, der in Amerika Kalebasse heißt, bedeutet auch Glück und Schutz. Taoistische Mönche trugen sie auf ihren Wanderungen als Trinkgefäße über der Schulter oder transportierten darin ihre Elixiere. Über dem Türrahmen gehängt, sollten sie böse Geister vertreiben. In Ägypten waren sie schon 2.500 Jahre vor Christus bekannt.

Als Kürbisse dann in Europa verbreitet wurden, verewigten auch die Künstler sie: Carlo Crivelli, ein Maler der italienischen Frührenaissance, setzte dem Flaschenkürbis 1470 ein spätgotisches Denkmal auf einem Bild der Madonna mit Kind. Und der italienische Manierist Arcimboldo malte den römisch-deutschen Kaiser Rudolf II. 1590 als Vertumnus, den römischen Gott der Jahreszeiten: Auf einer Kürbis-Brust thront ein Kopf mit Kürbis-Stirn. Damit verspottet er Rudolf gleichzeitig, den der Kürbis war ein Synonym für „Dummkopf“.

Die beigefarbene geigenförmige Cucurbita moschata (Moschuskürbis oder Muskatkürbis) gilt als der „Urkürbis“, aus dem sich alle anderen Arten entwickelt haben sollen. Jedenfalls behauptet das Arneo Nizzoli, Verfasser eines Buchs über traditionelle Kürbisrezepte der italienischen Küche.

Bekannter ist die Cucurbita maxima, der Riesenkürbis: rund und gelb, dank der Carotinoide mit Provitamin A. So ein Kürbis kann mehr als eine Tonne auf die Waage bringen: Mit einem 1041,5 Kilogramm schweren Exemplar gewann der Student Luca Stöckl voriges Jahr die Ludwigsburger Europameisterschaft der Kürbiszüchter.

Der beliebte Hokkaido-Kürbis gehört zu den lagerfähigen Winterkürbissen, der Steirische Ölkürbis wiederum ist ein Sommerkürbis, also nicht lagertauglich. Zucchini, Gurken und Melonen zählen ebenfalls zur Familie der Kürbisgewächse. „Alle schützen sich mit giftigen Bitterstoffen, den Cucurbitacinen, vor Fraßschäden“, erklärt Steinecke. Erst beim Kochen zerfalle das Gift. Beim Eigenanbau sollte man nur zertifiziertes Saatgut benutzen. „Nach den Kartoffeln sind Kürbisse das kaliumreichste Nahrungsmittel“, preist Nizzoli die gesundheitsfördernde Wirkung. Hinzu kämen gesundheitsfördernde Antioxidantien.

Wenn der Kürbis einen hohlen Laut von sich gibt, sobald man an seine Schale pocht, gilt er erntereif, meist im September und Oktober. Rechtzeitig für eine herbstliche Kürbissuppe oder als Laterne für Halloween, den neuheidnischen Spaß am 31. Oktober.

Der irische „All Hallow’s Evening“, der Abend vor dem katholischen Allerheiligenfest, setzte das alte keltische Samhain-Fest unter christlichem Vorzeichen fort und verschmolz sprachlich zu „Halloween“. Samhain hatte einst den keltischen Jahreskreis eingeleitet, denn der gleichnamige Winterkönig trat jetzt seine Herrschaft an. Die Pforten der Unterwelt öffneten sich, und die Lebenden speisten die Totengeister buchstäblich mit Äpfeln und Nüssen ab oder vertrieben sie mit Feuer und Fratzenmasken.

Auch die Kürbislaterne scheint zu grinsen wie eine Fratze. Hinter ihr steckt die irische Legende von Jack O’Lantern, der dem Teufel seine Seele verschrieben hatte und wieder abluchste. Nach seinem Tod wollten ihn weder Himmel noch Hölle aufnehmen. Aber der Teufel erbarmte sich und schenkte ihm eine glühende Kohle. Jack höhlte eine Rübe aus, legte die Kohle hinein und wandert seitdem mit dieser Laterne zwischen Lebenden und Toten.

Irische Einwanderer brachten die Halloween-Bräuche Ende des 19. Jahrhunderts in die USA. Von dort kehrten sie nach Europa zurück: Kinder verkleiden sich als Geister und bitten um Süßes. Und statt einer Rübe wird ein orangefarbener Kürbis ausgehöhlt und geschnitzt.