Grün ist die Hoffnung. Es ist die Farbe des Frühlings, des wiederkehrenden Lebens. Der Ursprung des Wortes „grün“ liegt in dem germanischen Wort „groa“ (Englisch: to grow), was soviel wie wachsen und keimen bedeutet.
Grün ist die Farbe des Lebens: Ohne Chlorophyll, das den Pflanzen die Farbe verleiht, wäre Leben nicht möglich. Für die Mystikerin Hildegard von Bingen war Grün deshalb eine göttliche, heilende Farbe, eine „Herzkraft himmlischer Geheimnisse, die die Herrlichkeit des Irdischen nicht fasst“. Grün steht auch für das Neue, Frische: In der Minnedichtung war es die Farbe der beginnenden Liebe. Wer heiratet, feiert seine Grüne Hochzeit.
Im Alltag symbolisiert Grün die Abwesenheit von Hindernissen. Eine grüne Ampel erlaubt freie Fahrt. Im übertragenen Sinne: Wer „grünes Licht“ gibt, erteilt seine Zustimmung. Wer eine „Greencard“ hat, darf einwandern. Und wer im „grünen Bereich“ ist, kann sich beruhigt zurücklehnen.
Grün bezeichnet damit auch das Normale, Unproblematische. Es ist die Farbe der Mitte, wie Goethe in seiner Farbenlehre definierte. Es entsteht, wenn Licht (Gelb) und Finsternis (Blau) sich völlig das Gleichgewicht halten. „Grün in vollendeter Neutralität zwischen allen Extremen wirkt beruhigend und sicher“, schreibt Eva Heller in ihrem Buch „Wie Farben wirken“. Den Maler Wassily Kandinsky (1866-1944) langweilte das: Das Grün sei „wie eine dicke, sehr gesunde, unbeweglich liegende Kuh, die nur zum Wiederkäuen fähig mit blöden, stumpfen Augen die Welt betrachtet“.
In der christlichen Liturgie des Mittelalters spielte das Grün nach Angaben des Münsteraner Historikers Rudolf Suntrup eine eher untergeordnete Rolle. Vereinzelt sprächen liturgische Texte vom „Grün des Glaubens“ oder vom „grünen Holz des Kreuzes“, sagt er. In der Malerei wurde der Farbton, oft durch das Mineral Malachit hergestellt, mit der Barmherzigkeit und Hoffnung gleichgesetzt.
Das saftige Grün des Frühjahrs lädt seit dem 17. Jahrhundert zu Gottesdiensten im Grünen ein; gerade um Himmelfahrt und Pfingsten herum. „Das ging nach dem 30-jährigen Krieg los“, weiß Pfarrer Andreas Isenburg vom Amt für missionarische Dienste in der Evangelischen Kirche von Westfalen. „Vorher waren die Stadtmauern immer geschlossen. Doch nach dem Krieg begann eine Art Ausflugsmentalität.“ Isenburg ist unter anderem zuständig für den Bereich Kirche und Tourismus. Da spielen Gottesdienste im Grünen eine wichtige Rolle. „Wir wollen Gottesdienste da feiern, wo sich Menschen gerne aufhalten – im Wald, am See oder auch im Zoo.“
Doch Grün ist nicht eindeutig. Missgünstige Menschen werden „grün vor Neid“. Menschen, denen es übel wird, werden „ganz grün im Gesicht“. Der Teufel – als Jäger der Seelen – trägt bisweilen einen grünen Rock. Auch Drachen, Lindwürmern und ähnlich widerlichem Getier, das in Märchen und Sagen erwähnt wird, wird eine grüne Farbe zugeschrieben.
Grün ist auch bitter oder sauer; intensive Grüntöne werden als Giftgrün bezeichnet. Das hat damit zu tun, dass lange Zeit alle Pigmente zur Herstellung der Farbe giftig waren. Im Sprachgebrauch wird Grün auch häufig mit Unreife gleichgesetzt: Ein „Grünschnabel“ ist noch „grün hinter den Ohren“.
Die Beliebtheit der Farbe schwankt stark – etwa bei den Neuzulassungen für Autos. Laut Kraftfahrt-Bundesamt waren 2017 weniger als zwei Prozent der Neuwagen grün. 1996 noch hatte das Grün bei Neuzulassungen die 20-Prozent-Marke gekratzt.
Nicht mehr selbstverständlich ist Grün als Signalfarbe für Umweltschutz. Für manche Werbe-Designer ist die Symbolik zu abgegriffen, es schwinge uncoole Öko-Ästhetik mit. Das hat den Volkswagen-Konzern dazu gebracht, seine spritsparenden Autos unter der Überschrift „BlueMotion“ zu verkaufen. Blau steht für die schützenswerten Ressourcen Wasser und Luft, das Meer und den Himmel. Doch es gibt auch Gegenbeispiele: Seit 2009 stellen McDonald‘s-Restaurants ihr Logo von Rot auf Grün um. Der Farbwechsel wird auch als Bekenntnis zur Umwelt verkauft.