Artikel teilen:

Die Bibel lesen

Woche vom 20. bis 26. Dezember 4. Sonntag im Advent: Psalm 115 Montag: Jesaja 51,1-8 Dienstag: Jesaja 51,9-16 Mittwoch: Jesaja 52,1-6 Heiligabend: Jesaja 52,7-12 1. Weihnachtstag: Lukas 1, 46-55 2. Weihnachtstag: Lukas 2, 29-32

Das ist die „Geburt des Gottesknechtes“, könnte man sagen, wenn man an den Feiertagen mitten zwischen den adventlichen Jesajaworten die Weihnachtsgeschichte bei Lukas liest. Der Plan beginnt mit dem Lobgesang der Maria, dem Magnifikat, das den machtvollen Versen des Deuterojesaja sehr ähnlich ist (er stößt die Gewalt Ausübenden vom Stuhl), und endet mit dem Bekenntnis des alten Simon, der gewissermaßen die Erfüllung aller früheren Verheißung in Jesus bestätigt. Der Wartende, der Hoffende kann in Frieden sterben, denn die eigenen Augen haben in diesem Kind die Erfüllung gesehen. Auf dem Plan stehen nur die „Eckpfeiler“ der Geburtsgeschichte.  Aber selbstverständlich begleiten uns in diesen Tagen auch die „weihnachtlichen Kerntexte“, die hier nur ausgelassen sind, weil sie ohnehin in den Gottesdiensten und Andachten vorkommen. Sprachlich gibt es bis heute wohl keine bessere deutsche Übersetzung als die von Martin Luther, obwohl man natürlich aufpassen muss, dass man bei den allzu gewohnten Texten nicht die Wucht und das Erstaunliche der Botschaft und ihrer einzelnen Begriffe übersieht. Und wenn Kinder heute diese Texte vorlesen, dann merkt man schnell, wieviele Worte dieser von den Älteren sogar noch auswendig gewussten Abschnitte inzwischen fremd geworden sind und der Erklärung bedürfen.
Die Jesajaworte in den Tagen zuvor und besonders der Text zum Heiligen Abend lassen vergessen, dass sie nahezu 500 Jahre zuvor entstanden sind, so nahe sind sie jetzt an dem, was da in Bethlehem geschehen ist. Vor allem machen sie der christlichen Gemeinde in allen Zeiten eines klar: Das Kind in der Krippe, mit Maria und Joseph, den Hirten und dem Vieh bedeuten keineswegs eine sanfte und beschauliche Idylle. Das „Seid fröhlich und rühmt miteinander, ihr Trümmer Jerusalems“ aus 52,9  führt sehr bald – nach Weihnachten – zu den dramatischen Versen des wohl bekanntesten Gottesknechtslied: „Fürwahr er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen…“(53, 4ff.).
Der leidende Gottesknecht und das Kind in der Krippe gehören zusammen, dieser neue Gottesknecht wird in noch ganz anderer Weise sein Leben zu einem Schuldopfer geben, um auf diese Weise einen neuen Anfang für die Menschen zu setzen und endlich Gerechtigkeit zu schaffen (53, 11ff.).

(Rubrik „Die Bibel lesen“ für die Woche 27. Dezember bis 2. Januar auf Seite 11 in dieser Ausgabe)