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Die Bibel lesen

Woche vom 13. bis 19. Dezember 3. Sonntag im Advent: Psalm 85 Montag: Jesaja 45,18-25 Dienstag: Jesaja 46,1-13 Mittwoch: Jesaja 49,1-6 Donnerstag: Jesaja 49,7-17 Freitag: Jesaja 49,18-26 Samstag: Jesaja 50,4-11

Der größere Abschnitt, der sich mit dem Perserkönig Kyros(559-530) beschäftigt, beginnt genau genommen bereits in 44,24 und geht dann bis einschließlich Kapitel 48. Davon steht in diesem Jahr nur eine Auswahl auf dem Leseplan. Man muss den Zusammenhang sehen: Kyros hatte im iranischen Bergland seinen Siegeszug begonnen. In der Anfangsphase hatte ihm Nabonid, der König von Babylon, sogar noch geholfen, die Meder zu unterwerfen. Nun war das (neu-)babylonische Reich selbst bedroht und die Israeliten – als dessen Gefangene – hofften auf die neue Weltordnung. Auf diesem Hintergrund steht Kapitel 45. Jener Kyros mag der „Gesalbte des Herrn“ (45,1) sein, sein Werkzeug und sein „Hirte“ (44,28), aber über allem steht Jahwe und in allem und in allen wirkt er: Ihm sollen sich alle Knie beugen und in allen Sprachen den Treueschwur ablegen (45,23-24). Dieser Gott bleibt nicht nur für Israel Maßstab und Mitte, sondern ist Zielpunkt und Grund aller Geschichte. Diese Weite, mit der Jesaja die Geschichtsabläufe betrachtete und sie im Plan Gottes sieht, war damals und ist wohl bis heute eine atemberaubende Seite der prophetischen Verkündigung. Aber auch: Eine Lösung der Konflikte in dieser Region wird Frieden ausstrahlen in die ganze Welt! Beängstigend, wie aktuell diese Szenerie zur Zeit wirkt!

Kyros – heute können die allermeisten nichts mehr mit diesem Namen anfangen. So wichtig war dieser Mann – aus gegenwärtiger Sicht – denn auch nicht. Prophetie hat mehrere „Wirkungsgrade“ oder „Reichweiten“. Ganz gewiss hat Jesaja in seine Zeit hineingesprochen, zu den Menschen seiner Gegenwart. Von denen wollte und sollte die Botschaft gehört und angenommen werden, in ihrem Leben vollzog sich dann auch deren Wirkung, fand Erfüllung, aber auch Verzögerung. Es gab ein „schon jetzt“ und ein „noch nicht“. Gerade die Verkündigung des Deuterojesaja hat aber auch über viele Jahrhunderte das Kommen Jesu vorbereitet und die Hoffnung auf den Messias über viele Generationen lebendig erhalten, bis der in Bethlehem zur Welt kam. Das war dann in den Augen von Christen die umfassende Erfüllung aller Verheißungen zuvor. Aber es kommt inzwischen etwas Weiteres hinzu: Auch mit dem Kommen Jesu blieb für die Gemeinde später die Erfahrung, dass zwar schon alles Heilsnotwendige in Jesus und durch ihn geschehen ist, dass es aber andererseits weiterhin ein „noch nicht“ gibt, dass also das Heil sich zwar in der Welt  für alle Welt vollzogen hat, aber noch nicht in aller Welt aufgenommen und verwirklicht worden ist. Deswegen können diese alten Verheißungsworte noch immer unsere Hoffnung zum Ausdruck bringen, auch wenn diese Hoffnung heute anders „verortet“ ist.