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Die Bibel lesen

Woche vom 22. bis 28. März

Sonntag:    Psalm 122
Montag:     Markus 12, 38-40
Dienstag:     Markus 12, 41-44
Mittwoch:     Markus 13, 1-13
Donnerstag:     Markus 13, 14-23
Freitag:     Markus 13, 24-27
Samstag:     Markus 13, 28-37

„Einer Witwe gleich ist sie geworden“, heißt es im alttestamentlichen Buch der Klagelieder von der zerstörten Stadt Jerusalem. Ein Bild der Trauer, das die beiden Begebenheiten am Ende des letzten Tages Jesu im Tempel prägt.

Witwen werden benannt als Opfer der Rücksichtslosigkeit von Schriftgelehrten, denen vor allem am eigenen Status gelegen ist. Wie anders verhalten sie sich als jener Schriftgelehrte, der zuvor mit Jesus das Doppelgebot der Liebe als Kern der Thora erachtete! Jesu Zuneigung gilt schließlich einer Witwe, die mit zwei Kleinmünzen ihren gesamten Lebensunterhalt dem Tempel opfert. Sie legt „ihr ganzes Leben“ ein, sagt Jesus buchstäblich.

Vom ganzen Leben handelt auch seine letzte Rede. Sie wird durch den Ausruf eines Schülers ausgelöst, der sich zum Tempel umschaut: „Welche Steine und welche Bauten!“ Jesus entgegnet: „Kein Stein wird auf dem anderen bleiben“. Was wie ein Hort der Stabilität aussieht, kann doch der Wucht der Risse unter den Menschen nicht standhalten. Die Schüler fragen nach Zeitpunkt und Anzeichen. Jesus antwortet ihnen wie ein Schüler der Propheten Israels, an die er eng anknüpft.

Zunächst (Markus 13,5-13) warnt er sie vor den unausweichlichen Gefahren, die drohen, wenn sie von seiner Frohbotschaft Zeugnis ablegen. Falsche Messiasse werden versuchen, sie zu täuschen, Gewalt wird ihnen zusetzen, Gerichte werden sie belangen, Familien werden auseinandergerissen. Dann (Markus 13,14-27) richtet Jesus den Blick auf den Tempel, wo nach dem Buch Daniel feindliche Herrscher „das Gräuelbild der Verwüstung“ errichten werden.

Es folgt die außergewöhnliche Mahnung: „Wer dies (vor)liest, begreife!“ Im Grundtext wird das grammatische Geschlecht dieses Götzenbildes männlich weitergeführt: Das Bild steht, wo er nicht sein soll. Der Angriff gegen den Ort, wo der Name Gottes erklingt, ist Menschenwerk, Männerwerk. Jesus beklagt das Los der Flüchtenden, insbesondere der schwangeren und stillenden Frauen. Aber auch, wenn alles ins Wanken geraten ist, werden die Zeugen sehen, wie Daniel angekündigt hat, dass „der Menschensohn in den Wolken mit großer Kraft und Herrlichkeit kommen wird“, also der Mensch, der die Hilfe des Himmels für die geschundene Erde ist.

Zum Schluss (Markus 13,28-37) fordert das Bild des abwesenden Hausherrn die Schüler auf, wachsame Türhüter zu sein. Die Zeuginnen und Zeugen jeder Generation sollen stets so bereitstehen, dass es gleichsam gerade auf sie ankommt, ihr die Tür zu öffnen.

Dr. Jisk Steetskamp, Pfarrer i. R., ist beteiligt an der Forschung am Fachbereich Neues Testament der Universität Frankfurt am Main.