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Die Bibel lesen

Woche vom 27. September – 3. Oktober Sonntag: Psalm 25 Montag: Matthäus 21,1-11 Dienstag: Matthäus 21,12-17 Mittwoch: Matthäus 21,18-22 Donnerstag: Matthäus 21,23-27 Freitag: Matthäus 21,28-32 Samstag: Matthäus 21,33-46

Jesus ist in Jerusalem angekommen, von Osten her, genau wie die israelitischen Stämme unter Josua, nach langer Wüstenwanderung über den Jordan kamen, um das verheißene Land zu erobern. Wie auch der Erzvater Abraham, der noch als Halbnomade durchs Land zog und mit Respekt dem König von Salem in dessen befestigter Stadt seine Referenz erwies. Der Blick des Alten Testamentes auf  das Heilige Land ist immer der von der Wüste her. Moderne „Pilgertouristen“ haben die Blickrichtung vom Mittelmeer her. Das Meer war den Israeliten zumindest in jenen Zeiten völlig fremd und erschien auch bedrohlich. Von daher kamen unbekannte Feinde. Aus der Wüste näherten sich in jenen Zeiten zwar auch nicht nur Freunde, aber vor allem Händler und vor allem die damaligen Pilger, die zu den Festen im Tempel zusammenkamen. Und seit der Eroberung durch David kamen die Könige, die Herrscher und Hoffnungsträger von da, und es würde auch der verheißene Messias von Osten durch das Goldene Tor die Stadt betreten. Der erste richtige Blick auf die heilige Stadt öffnet sich vom Ölberg aus, von dem aus man auf das Tempelplateau sogar herabblicken kann. Linker Hand liegt als höchster Punkt der Berg Zion, der symbolhaft für ganz Israel steht: Tochter Zion, freue dich!

Auch wenn die heutigen Altstadtmauern viel später gebaut wurden und der Felsendom – eines der drei Hauptheiligtümer des Islam – ebenfalls erst Jahrhunderte später entstand, so vermittelt der Blick auf diese Stadt doch immer wieder ein zauberhaftes Flair, das die Zeit Jesu lebendig werden lässt. Der betritt diese heilig-unheilige Stadt wie ein König, aber sein Einzug ist zugleich eine Karikatur irdischer Majestäten. Auf einem Esel! Und ohne alle Waffen- und Würdenträger! Klar ist aber auch, dass ein Prophet nicht so auftritt – bisher jedenfalls! Weder von Jesaja noch von Jeremia oder gar Hosea und Amos ist Vergleichbares überliefert, obwohl die durchaus mit Königen zu tun hatten. Der letzte Vers (21,46) wäre dann in dem Sinne zu lesen: Sie hielten ihn für „den“ Propheten, also den Messias.
Im Tempel zeigt sich besonders die Verantwortungslosigkeit in dem, was Menschen aus dem Bund Gottes gemacht haben. Gott hat grenzenlose Geduld mit den Menschen gehabt. Aber diese Geduld ist nun zu Ende, und Gott treibt seine Entscheidung im Kommen Jesu auf die Spitze, um einen Neuanfang zu wagen. Am Gärtner (21, 18f.) und  am Herrn des Weinberges (21, 28) lag es nicht, dass es soweit kommen musste. Mitten in diese Klage und Anklage Gottes über sein Volk hinein erneuert er aber auch seine Zusagen: Alles, was ihr im Reden mit Gott vorbringen werdet, wenn ihr fest darauf vertraut, so werdet ihr empfangen (21,22).