Nicht immer sind es die schönsten und vergnüglichsten Filme, die den nachhaltigsten Eindruck hinterlassen. Und irgendwie passt es auch zum anstehenden 80. Jahrestag der Befreiung, dass ein Auschwitz-Drama vorne liegt.
Die Kritikerinnen und -Kritiker des Kinoportals filmdienst.de haben die wichtigsten Filme gekürt, die 2024 in Deutschland gestartet sind. Mit deutlichem Abstand landete “The Zone of Interest” auf Platz 1. Auf den nächsten Plätzen folgten mit “Emilia Perez”, “Evil Does Not Exist” und Anora” weitere Werke, die auf den großen Filmfestivals mit Preisen geehrt wurden. Und auch das deutsche Kino schnitt mit “In Liebe, Eure Hilde”, “Verbrannte Erde” und “Die Ermittlung” stark ab.
Manchmal sind es nicht die schönsten Kinoerlebnisse, die sich am nachhaltigsten einprägen, sondern die verstörendsten. So scheint es 2024 den Fachleuten von filmdienst.de ergangen zu sein: Ihr Kino-Favorit des Jahres war – mit weitem Abstand – das Auschwitz-Drama “The Zone of Interest” von Jonathan Glazer. Ein Film, der nahezu ohne explizite Gewaltszenen das Grauen des Massenmordes in den Konzentrationslagern umkreist. Und dabei nicht nur die Verantwortlichen für die Tötungsmaschinerie in den Blick nimmt, sondern auch jene, die die Vernichtung ignoriert, toleriert oder ausblendet haben.
Im Film wird diese Haltung von der von Sandra Hüller gespielten Figur Hedwig Höß verkörpert, der Frau des Lagerkommandanten Rudolf Höß; sie brennt sich aber auch in die Filmsets ein, das Haus und den Garten der Höß-Familie, Mauer an Mauer mit dem Todeslager. Wobei der Film keineswegs nur als Historienfilm erschüttert, sondern als Menetekel der zeitlosen Conditio humana, als grauenvolles Beispiel von Ignoranz und dem Sich-Verschließen gegenüber dem Leiden anderer.
Seine Premiere erlebte “The Zone of Interest” beim Festival in Cannes. Auch andere Filme von den großen Festivals lagen in der Kritiker-Gunst weit vorne. So finden sich unter den zwanzig besten Filmen des Jahres auch der “Goldene Löwe”-Gewinner “Poor Things” und der “Goldene Palme”-Preisträger “Anora”.
Auf Platz 2 hinter “The Zone of Interest” hat es das ungewöhnliche Musical “Emilia Perez” von Jacques Audiard geschafft; auf Platz drei rangiert “Evil Does Not Exist” des Japaners Ryusuke Hamaguchi, ein erstaunlich gelassener, geradezu ruhiger Film über den Konflikt zwischen ökologischen und ökonomischen Interessen.
Während es 2023 mit “Barbie” und “Oppenheimer” auch zwei erfolgreiche Hollywood-Großprojekte unter die Top-Filme schafften, bleibt das US-Blockbuster-Kino diesmal außen vor; unter die ersten zwanzig Filme konnte sich nur die Post-Apokalypse-Saga “Furiosa: A Mad Max Saga” platzieren.
Dafür punktete das deutsche Kino mit “In Liebe, Eure Hilde”, “Verbrannte Erde” und “Die Ermittlung”. Und auch das Animations-Kino ging nicht leer aus: “Der Junge und der Reiher”, ein Alterswerk von Hayao Miyazaki, startete zwar schon im Januar, blieb aber nachhaltig im Gedächtnis.
Drama über den Kommandanten des KZ-Auschwitz, Rudolf Höß, und seine Ehefrau Hedwig, die mit ihren Kindern in unmittelbarer Nachbarschaft zum Vernichtungslager ein scheinbar idyllisches Leben führen. – Sehenswert ab 16.
Musical-Melodram um einen mexikanischen Kartell-Boss, der mit Hilfe einer Anwältin eine Geschlechtsangleichung organisiert, in seinem neuen Leben als Frau aber von der gewaltsamen Vergangenheit eingeholt wird. – Sehenswert ab 16.
Vielschichtig-poetische Reflexion anhand einer ländlichen Gemeinde nahe Tokio, in der das Leben im Einklang mit der Natur gestört wird, als ein luxuriöser Campingplatz gebaut werden soll. – Sehenswert ab 14.
Anrührendes Liebes- und Geisterdrama über zwei einsame Männer in London, in dem die Grenzen zwischen Realität und Traum verschwimmen. – Sehenswert ab 16.
Furiose Tragikomödie um eine junge Stripperin und den Sohn russischer Oligarchen, die aus einer Laune heraus in Las Vegas heiraten. – Sehenswert ab 16.
Bildgewaltiger Retro-Science-Fiction-Film um eine junge Frau, die von einem Wissenschaftler aus einer Toten und dem Gehirn eines Babys erschaffen wurde und nun darangeht, ohne Scham sich und die Welt zu erkunden. – Ab 16.
Erschütterndes Drama um die Berliner Widerstandskämpferin Hilde Coppi, die 1943 in Berlin hingerichtet wurde. – Sehenswert ab 14.
Bildgewaltiges Anime um einen Jungen, der in der japanischen Provinz mit der Trauer um seine Mutter ringt, die in Tokio bei einem Luftangriff ums Leben kam. – Sehenswert ab 14.
Drama um die Freundschaft zweier zehnjähriger Schüler inmitten eines Klimas der Verdächtigungen, Gefahren und Gerüchte. – Sehenswert ab 14.
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Stimmungsvoller Gangsterfilm um einen alternden Berufskriminellen, der bei einem Gemälderaub für einen Sammler mit Kollegen zusammenarbeitet und nach vollbrachter Tat vom Killer des Auftraggebers gejagt wird. – Sehenswert ab 16.
Fortsetzung der dystopischen “Mad Max”-Filmreihe über die Jugend der Kriegerin Furiosa, die nach leidvollen Jahren zur Rache an einem Warlord antritt. – Sehenswert ab 16.
Für die Vorbereitung auf eine neue Rolle besucht eine Schauspielerin die Frau, auf deren Lebensgeschichte ihre Figur beruht. Doch dabei kommt es zu einem subtilen Machtspiel zwischen beiden Frauen. – Ab 16.
Dreiecksdrama um eine ehrgeizige Tennisspielerin, in die sich zwei Freunde verlieben und fortan als Konkurrenten um ihre Gunst werben. – Ab 14.
Träumerische Fabel über eine Gruppe charismatischer Grabräuber, die in den 1980er-Jahren etruskische Gräber plündern und insgeheim nach der Liebe und dem guten Leben suchen. – Sehenswert ab 14.
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Tragikomisches Drama um einen verbitterten Hochschullehrer und einen renitenten Schüler, die Anfang der 1970er-Jahre an einem US-College zusammen Weihnachten verbringen müssen. – Ab 14.
Neorealistisch angehauchte Tragikomödie um eine Römerin, die sich 1946 mit einem gewalttätigen Ehemann und einer patriarchalen Welt herumschlagen muss. – Sehenswert ab 14.
Ein Thriller um eine Bodybuilderin und die Betreiberin eines Fitness-Studios in der US-amerikanischen Provinz, die sich ineinander verlieben, aber durch die kriminelle Familie der Studio-Betreiberin in eine Gewaltspirale geraten. – Ab 16.
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Bewegendes Drama über drei befreundete Krankenschwestern in Mumbai, in dem Lebensrealitäten sensibel miteinander verwoben werden. – Sehenswert ab 14.
Hommage auf die US-amerikanische Bikerkultur der 1960er-Jahre, die im Sound ihrer Maschinen, der Weite der Highways und mit ihren Gangs eine neue Freiheit suchte. – Sehenswert ab 14.
Äußerst stilisiertes Drama nach William S. Burroughs um einen alternden schwulen US-Amerikaner, der im Mexiko der 1950er-Jahre einen jüngeren Liebhaber findet und mit diesem auf die Suche nach einer außergewöhnlichen Pflanze geht. – Ab 16.
Nach dem Buch “Elvis and Me” von Priscilla Presley erzählt der Film die Geschichte der Beziehung des berühmten Rockstars und des Mädchens aus bürgerlichem Haus. – Sehenswert ab 14.
Ein satirisches, drastisch bebildertes Horrordrama um eine alternde Schauspielerin, die mit Hilfe einer dubiosen Substanz eine junge Version von sich selbst erzeugt und mit diesem in Konkurrenz gerät. – Ab 18.
Eine Verfilmung des Theaterstücks von Peter Weiss über den ersten Frankfurter Auschwitz-Prozess 1963-1965, umgesetzt als reduzierte, hochintensive filmische Installation. – Sehenswert ab 14.