Für viele Menschen in Hamburg ist die vorübergehende Notlösung ein Dauerzustand: Über 21.270 wohnungslose Menschen lebten zum Stichtag 31. Januar dieses Jahres mindestens ein Jahr in einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung. 13.130 Menschen von ihnen sind bereits länger als zwei Jahre in den Wohnunterkünften untergebracht, darunter viele Familien mit Kindern, wie das Diakonische Werk am Montag mitteilte. 8.140 Menschen seien zwischen ein und zwei Jahren in solchen Einrichtungen untergebracht, so eine interne Diakonie-Auswertung der Zahlen des Statistischen Bundesamtes.
Damit halte Hamburg im Vergleich zu anderen Bundesländern einen Negativrekord: Nirgendwo sonst lebten im Verhältnis zur Bevölkerungszahl so viele Menschen so lange in Wohnunterkünften, hieß es. Nach Hamburg folge Schleswig-Holstein mit 18.025 Wohnungslosen, die ein Jahr oder länger in öffentlichen Einrichtungen lebten. In Mecklenburg-Vorpommern seien dies mit 265 Personen bundesweit am wenigsten gewesen, hieß es.
„Wohnunterkünfte sind als vorübergehende Notlösung gedacht. Sie können eine eigene Wohnung nicht ersetzen“, sagte Dirk Hauer, Sozialexperte der Diakonie. Die lange Verweildauer in öffentlich-rechtlichen Unterbringungen sei nicht nur teuer, sondern auch unter sozialen Gesichtspunkten unverantwortlich. „Gerade Familien mit Kindern gehören nicht ‘untergebracht’. Sie brauchen eine eigene Wohnung mit Privatsphäre und echten Rückzugsmöglichkeiten“, sagte Hauer.
Sie alle hätten Anspruch auf eine Dringlichkeitsbestätigung, müssten also vorrangig mit Wohnraum versorgt werden. In Hamburg sollte das städtische Wohnungsunternehmen Saga stärker in die Pflicht genommen werden, forderte die Diakonie. Aktuell müsse die Saga knapp 1.100 Wohnungen für Menschen mit Dringlichkeitsbestätigung zur Verfügung stellen. „Diese Zahl sollte auf mindestens 2.000 Wohnungen erhöht werden“, forderte Hauer. Zudem müsse sichergestellt werden, dass Menschen aus der öffentlich-rechtlichen Unterbringung auch tatsächlich Zugang zu den Wohnungen bekommen. Dies könne etwa dadurch gewährleistet werden, dass bezirkliche Fachstellen für Wohnungsnotfälle eigene Kontingente von Wohnungen erhalten, hieß es.