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Deutsche Stiftung Organtransplantation wird 40 Jahre alt

Mehr als 155.000 Organe sind bislang in Deutschland transplantiert worden. Doch die Bereitschaft zur Spende nach dem Tod bleibt vergleichsweise gering. Die Deutsche Stiftung Organtransplantation will das ändern.

Zum Feiern gibt es wenig Anlass. Seit nunmehr 40 Jahren organisiert die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) die Organspende in Deutschland. Doch bei der am Donnerstag in Frankfurt begonnenen Jahrestagung mit Jubiläumsfeier waren Nachdenklichkeit und auch ein wenig Ratlosigkeit zu spüren.

Seit Jahren verharren die Organspender-Zahlen in Deutschland dort, wo sie bei Gründung der DSO 1984 waren: im Keller. In Europa gehört die Bundesrepublik zu den Schlusslichtern. 2023 waren es 965 Menschen, die nach ihrem Tod Organe spendeten, und auch in den ersten neuen Monaten 2024 gab es keine Trendwende.

Seit 1963 wurden in Deutschland mehr als 155.000 Organe transplantiert. Doch das Thema bleibt sensibel und mit Angst besetzt. Denn über Tod und Organspende spricht man nicht gern. Das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper steht hoch im Kurs. Skandale wie die 2012 bekannt gewordenen Manipulationen an den Wartelisten haben das Vertrauen in die Transplantationsmedizin zwischenzeitlich schwer beschädigt.

Aus der Perspektive der 8.000 schwerstkranken Patienten, die auf der Warteliste für eine neue Niere, ein neues Herz oder eine neue Leber stehen, ist die Zögerlichkeit der Bundesbürger dagegen kaum nachvollziehbar.

Dabei ist die Transplantationsmedizin in Deutschland, anders als in vielen anderen Ländern, sehr transparent und dezentral organisiert, um Interessenkonflikte und Mauscheleien zu verhindern: Für die – ergebnisoffene und neutrale – Aufklärung der Bevölkerung sind die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und die Kassen zuständig. Die Bundesärztekammer erstellt Richtlinien über die Kriterien der Organvergabe. Ärzte müssen unabhängig den Hirntod von Patienten feststellen, um eine Transplantation zu ermöglichen.

Die DSO hat als Stiftung mit Beteiligung von Bund, Ländern, Arztekammer und Krankenkassen in diesem Geflecht die Aufgabe, alle Schritte des Organspendeablaufs von der Identifizierung eines möglichen Spenders im Krankenhaus bis zur Übergabe der Organe an die Transplantationszentren zu organisieren. Der Schlüssel dazu liegt in den mehr als 1.000 Kliniken mit Intensivstation, die Organe entnehmen können. Sie müssen Transplantationsbeauftragte ernennen und ausbilden, die mögliche Spender identifizieren und unter anderem die Verwandten jener Verstorbenen beraten, die nicht festgelegt haben, ob sie Organe spenden würden. Diese Abläufe sind in den vergangenen Jahren deutlich verbessert worden.

Allerdings greift die DSO immer wieder auch in die politische Debatte ein. Die meisten Organspenden scheiterten daran, dass potenzielle Spender ihren Willen nicht festgelegt hätten und Angehörige dann Nein zu einer Spende sagten, argumentiert der Medizinische Vorstand der DSO, Axel Rahmel. Bislang liegt nur bei 15 Prozent der potenziellen Organspender ein schriftlicher Wille in Form eines Spendeausweises oder einer Patientenverfügung vor. Er fordert deshalb immer wieder die Einführung einer Widerspruchslösung – ein Baustein, der die Zahl der Spenden erhöhen könnte. Bei dieser Regelung wäre jeder Bürger potenzieller Organspender – außer er hat ausdrücklich widersprochen.

Kritisch äußerte sich Rahmel zu einem möglichen Systemwechsel vom Hirntod zum Herz-Kreislauf-Tod als Grundlage für eine Organentnahme. Ein entsprechender Vorstoß der FDP habe eher zur Verwirrung geführt. “Wir haben in Deutschland sehr lange um Vertrauen geworben, dass der Hirntod eine verlässliche Grundlage für eine Organspende ist”, sagte der Mediziner. Die Frage des Herztod-Kriteriums bedürfe einer intensiven ethischen Debatte.

Bei der Jahrestagung der DSO liegen weitere Themen auf dem Tisch: etwa das gerade eingeführte Organspende-Register, in das sich bislang 180.000 Bürger eingetragen haben. Thema sind auch erfolgreiche Maßnahmen zur Steigerung der Organspendezahlen in der Schweiz, Großbritannien und den USA und die Entwicklung der Organkonservierung, die Möglichkeiten der Verwendung tierischer Organe sowie Chancen und Risiken beim Einsatz Künstlicher Intelligenz.