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Debatten und Fake News rund um den kranken Papst

Der Papst ringt mit dem Tod. Das treibt auch viele Menschen in Sozialen Netzwerken um. Wo sonst oft Häme und Hass dominieren, zeigt sich auch Mitgefühl. Selbst Kritiker rufen zum Gebet für Franziskus auf.

“Die Krankheit des Papstes wird schlimmer: Er hatte eine Atemkrise und sein Zustand ist weiter kritisch.” Die auf Spanisch verfasste Mitteilung (Tweet) auf der Plattform X beginnt mit drei Kreuzen. Ähnlich wie bei Nachrichtenagenturen bedeutet dies auch in den Sozialen Medien: “Eilmeldung!”.

Nicht nur der Inhalt lässt aufhorchen, auch die Autorin ist besonders: Es ist Elisabetta Piqué. Die argentinische Journalistin kennt den derzeit prominentesten Patienten der Welt seit vielen Jahrzehnten, auch als er noch Erzbischof von Buenos Aires war. Unter Vatikanbeobachtern gilt sie als besonders “gut informiert”, und wenn sie so eine Nachricht postet, wissen die Nutzer von X, dass es wirklich ernst ist.

Solche Orientierungen sind in dieser Phase der lebensbedrohlichen Erkrankung des Papstes besonders hilfreich. Seit Tagen schwirren die wildesten “Fake News” aus der Feder mehr oder weniger informierter Teilnehmer durch die Netzwerke. “Der Papst ist tot, und im Vatikan verhandeln sie schon über die Nachfolge” – solche Sätze finden sich jetzt immer wieder im Netz. Unter den übrigen Nutzern der Plattformen entsteht dadurch Verwirrung.

Neben den Wirrungen um die Faktenlage findet auch der innerkirchliche Streit um die Bewertung des Öffnungs- und Liberalisierungskurses von Papst Franziskus seinen Niederschlag im Netz. So hat der US-amerikanische Jesuit James Martin, einer der bekanntesten Seelsorger für Angehörige sexueller Minderheiten, bereits mehrere inständige Gebetsaufrufe für den von ihm sehr bewunderten Papst gepostet. In einem seiner Gebete auf X heißt es: “Franziskus hat dir als Christ gedient, indem er die Liebe, das Erbarmen und das Mitgefühl, das dein Sohn den Armen und den Leidenden zeigte, mit anderen teilte.”

Aber es gibt auch immer wieder Posts ultrakonservativer Katholiken, die von scharfer Kritik und mitunter von blankem Hass gegen den Papst aus Argentinien zeugen, wie dieser: “Der Papst liegt endlich im Sterben. Es ist der Papst, der die katholische Kirche vernichtet hat.” Andere verbreiten ältere Videoaufnahmen von Papst Johannes Paul II. (1978-2005) und schreiben dazu: “Der letzte Papst, den ich richtig gut fand”.

Die schwere Gesundheitskrise des Papstes führt offenbar dazu, dass sich unter seinen konservativen Kritikern die Spreu vom Weizen trennt. Während manche, die Franziskus wegen seiner Öffnungen und Reformen als “Häretiker” bezeichnen, wenig oder gar kein Mitgefühl mit seiner derzeitigen Lage zeigen, ruft etwa der konservative Kardinal Robert Sarah zum Gebet für ihn auf. Sarah hatte den Papst in der Vergangenheit wiederholt wegen “liberaler” moraltheologischer Entscheidungen scharf kritisiert.

Dass die Botschaft von Franziskus Menschen auch außerhalb der Kirche begeistert hat, führt zu ganz besonderen Posts. So erinnert ein X-Nutzer an den bewegenden Moment, als Papst Franziskus vor laufenden Fernsehkameras einem Jungen, dessen Vater als Atheist gestorben war, versicherte, dass sein Papa, wenn er ein guter Mensch gewesen sei, sicher in den Himmel komme. Der Kommentar in englischer Sprache: “Ich bin Atheist, aber die Freundlichkeit dieses Mannes zu sehen, wie er dieses Kind tröstet, rührt mich zu Tränen.”

Ein User unter dem Pseudonym “Reto” formuliert als spontanes Gebet: “Lieber Gott, hol doch Putin und Trump zu dir – und lass den Papst noch leben – die Erde wäre viel friedlicher…” Ein anderer Teilnehmer, auch er ein Vatikanbeobachter aus der spanischsprachigen Welt, nutzt die erhöhte Aufmerksamkeit, um auf sein jüngst fertig gestelltes Buch zum nächsten Konklave hinzuweisen und beeilt sich hizuzufügen: “Es ist ein Buch, das wir hoffentlich noch ganz lange nicht brauchen werden!” Weniger zurückhaltend äußert hingegen im Netzwerk Bluesky jemand unter dem Namen “dj lotti”: “ich liebe irgendwie wenn ein papst stirbt und es qualmt aus der kapelle”.